Schlaftabletten

Es geht wieder los: Neue Zeitungen an jeder Ecke.

Aber lassen sich so neue Leser gewinnen?

Also wieder Krieg in Köln. > Zeitungskrieg. Nach den Scharmützeln um das Gratis-Blatt 20 Minuten vor drei Jahren watet man heuer wieder knietief durch zerlesenen Zeitungsschredder in Kölner Straßen und Bahnen. Auf in die nächste Schlacht, haben sich die großen Verlage gesagt, und wieder einmal ist das zu erobernde Land der Verheißung die unbekannte Welt junger Erwachsener. Oder im Branchen-Jargon: Young Adults, 14 bis 29 Jahre alt, beruflich voll engagiert, konsumfreudig, mobil – nur eben leider zu beschäftigt, um das übergroße Inhaltsangebot einer traditionellen Tageszeitung ernsthaft zu goutieren.
Deshalb jetzt: Zeitungen als Zielgruppen-Medium wie Format-Fernsehen und -Radio. Man denkt eben an die Zukunft, denn wer eine Zeitung mit 15 nicht liest, liest sie auch mit 30 nicht. Tabloids sollen es nun richten, das heißt soviel wie Tabletten: Zeitung in kleineren Dosen, im Halb-Format. Und weil man die Zielgruppe im Internet vermutet, will man sie auch dort abholen: mit kompakten und leicht konsumierbaren Artikeln. Welt Kompakt heißt dann auch das Tabloid des Axel-Springer-Verlags, das Anfang Oktober erstmals von alert in weiß gekleideten Zeitungs-Boys and -Girls in Köln verteilt wurde. Doch ließ sich der heimische Platzhirsch nicht lumpen: Bereits einen Tag vor der Konkurrenz blies das Kölner Verlagshaus DuMont Schauberg mit dem Halbformat KStA Direkt zur Gegenattacke, Auflage: 50.000, Redaktionsschluss: 0.30 Uhr.

Tabloids gelten als > Hoffnung der Zeitungsbranche: Hierzulande hatte bereits der Holtzbrinck-Verlag (Die Zeit, Tagesspiegel) Tabloid-Formate in Frankfurt (News) und der Lausitz (20 Cent) auf die Teststrecke geschickt. Die Vorbilder aber kommen aus den USA und England. Vor allem der britische Independent gilt als Erfolgsgeschichte: 30 Prozent Auflagenzuwachs konnte das kleinere Format vorweisen, unter den Lesern auffällig viele Frauen. Weibliche Leser, so erklärt sich die englische Verleger-Gattin den Erfolg, müssten nun beim Zeitunglesen nicht mehr so unzüchtig breitbeinig herumsitzen, wie es die großen Formate erfordern – eine Erfolgsgeschichte, die die Phantasien schürt.

Aber Vorbild hin, Abwehrschlacht her – der Rheinländer wähnt sich gern und ganz natürlich im Mittelpunkt des Weltgeschehens, und so ist es für den Kölner Zeitungsverleger > Alfred Neven DuMont keine Frage, wer für schöpferische Innovationen zuständig ist. »Wir wollen einen neuen Weg aufzeigen«, gab der Großverleger im Interview den Erleuchter der Jugend. KStA Direkt, so DuMont in einem seiner berüchtigten Interviews im eigenen Blatt, solle junge Leser an das gedruckte Wort heranführen. Doch es kam noch besser: Köln, so fragte Direkt-Redaktionsleiter Wolfgang Brüser devot dienend den Patron, habe eine für Deutschland vergleichsweise große Zeitungsvielfalt. Ob sich der DuMont-Verlag mit dem Tabloid nicht selbst Konkurrenz bereite? Ach Augenblick, verweile doch, so frei von Schmerzen. Alle Tageszeitungen in Köln gehören zu DuMont – außer Bild und taz Köln, die eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielen.
Bleibt festzuhalten, dass Welt Kompakt eher seriös daherkommt – eine richtige Zeitung im Kleinformat -, die Kölner dagegen direkt zur Sache kommen: Zwei Seiten »Politik & Wirtschaft«, der Rest ist Service, Lifestyle, Leben und Sport. Zeitung light, aber jung? Dabei weist das erfolgreiche Vorbild einen anderen Weg: Der Independent erschien mitnichten als SMS-Version einer Zeitung. Das ganze schöne Blatt wurde komplett umformatiert. Wenn DuMont wirklich Interesse daran hätte, junge Leser zu gewinnen, so unken Kritiker im Internet, würde er »aus dem schnarchigen KStA ein richtig geiles Blatt machen und nicht so ein halbherzig gemachtes Ding auf den Markt werfen.« Eine Zeitungsstadt jedenfalls wird Köln so nimmermehr.

Eine > Fernsehstadt ist sie schon, einer der wichtigsten Standorte für TV-Produktionen der Republik zumal. Das kann man auch am Bildschirm verfolgen. Aber so richtig behaglich mag sich mancher nicht fühlen, wenn immer wieder nur der gleiche alte Dom im Hintergrund rumsteht wie im Kölner »Tatort«. Oder ein KVB-Zug schneidig durchs Bild gleitet und der Wok-Man lächelt – wie zuletzt im Vorspann des grandiosen ProSieben-Flops »Hire or Fire«. Hier wollte man immerhin dem US-Vorbild nacheifern, das vor der Skyline Manhattans spielt, nun ja. Köln aber ist mehr als nur Kulisse aus Dom, Rhein und Karneval, sagte sich der FilmInitativ Köln e.V. und hat, unterstützt von der Imhoff-Stiftung, den Drehbuch-Preis »KölnFilm« ausgeschrieben. 15.000 Euro winken dem Verfasser des besten Exposés für einen Film, der der Welt vermittelt, was die Stadt unverwechselbar macht, wie sich Kölner Leben anfühlt, wie der Menschenschlag hier so tickt. Laut Ausrichter sind alle Genres möglich, der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Schon denkt man an Woody Allens »Stadtneurotiker«: das ist New York. Berlin ist Fassbinders »Alexanderplatz« oder Wenders »Himmel«. Was also ist Köln? Näheres unter www.köln-im-film.de/drehbuchpreis.