De löstige Ich-AG

Eine Büttenrede von Christian Gottschalk

Neulich »Op dr Eck« bei Gitte,
es war bereits die Monatsmitte,
wir gossen uns ein’ hinter die Mütze,
versoffen fröhlich unsere Stütze.

Wie immer an unserem löstigen Stammtisch,
der Heiner, der Pitter und wer schon? Na isch.

Ich sage: »Gitte, bitte, sei nett und spendier’
mir und den Jungs mal ’ne Runde Bier,
wir sind pleite – und trotzdem fast jeden Tag hier,
wir sind die Opfer von Hartz vier.«

Gitte sagt: »Wärt ihr nicht arbeitsscheu und versoffen,
stünd’ euch der Arbeitsmarkt offen,
ihr sauft hier auf Kosten von Vater Staat,
und ich steh mir hier die Füße platt.

Bei mir gibt’s kein Freibier und nie mehr Kredit,
nit für Heiner, nit für Pitter und für dich schon gar nit.«

Da waren wir erstmal ziemlich schockiert,
keinen Kredit mehr? Wir sind ruiniert!
Sollten wir woanders saufen?
Unsere Biere am Büdchen kaufen?

Pitter sagt: »Lück, ich hab ’ne Idee,
wir gründen eine Ich-AG.«
Ich mein’: »Wie das Wort schon sagt, ist Ich-AG einer,
ich finde der beste dafür ist Heiner.«

Doch wie bei uns seit Jahren so üblich,
Nicht Heiner, nicht Pitter, am Ende trifft’s mich.

Gitte sagt: »Das hat keinen Wert,
er schwaadt dummes Zeug und säuft wie ein Pferd.«
»Das sind Kernkompetenzen«, meint Heiner begeistert,
»mit denen man eine Karriere meistert!«

»Schickt ihn in die Politik!«
»Mach doch Karnevalsmusik!«
»Quatsch!«, meint laut der Müllers Pit,
»Dieser Junge gehört in die Bütt!«

Jetzt wisst ihr, warum ich hier oben steh’,
nicht Heiner, nicht Pitter, ich bin »de löstige Ich-AG«.

Heiner sagt: »Um das Publikum aufzutauen,
machst du erstmal einen Witz über Frauen!
Danach erwähnst du Merkels Frisur,
und anschließend Kanzler Kohls Figur.«

»Der Kanzler«, sag’ ich, »der heißt heute Schröder,
die Merkel-Idee find’ ich noch viel öder,
und das mit den Frau’n,
tu ich mich nicht trau’n.«

Heiner war sauer und ließ mich im Stich,
so schreibt jetzt nicht Heiner, so schreibt nicht Pitter, so schreib’ also ich.

Mir raucht der Kopf, das ist der Hammer,
doch das reimt sich toll auf OB Schramma,
gewählt von den Kölschen auf echt kölsche Art,
denn er trägt Oberlippenbart.

Herr Kapellmeister, Tusch! Das war ’ne Pointe,
und wo ich schon Schrammas Fritzchen erwähnte,
bleiben wir in der Lokalpolitik
und blicken aufs letzte Jahr zurück:

Nach der jüngsten Wahl tat der Wähler sehr staunen.
Hinter den Nazis steckten die Braunen!
Woher sollte man das wissen?
Manfred Rouhs hat uns beschissen!

In punkto Skandale verlor ich die Übersicht,
wer ist im Knast, und warum wer noch nicht,
ist Trienekens CDU oder RWE
oder spendet er Müll an die SPD?

Die KVB machte eine mutije
eigene Pisa-Studie:
buddelt man an der falschen Stelle,
hat man den schiefen Turm von Kölle!

»Alle haben alles richtig gemacht,
beim U-Bahnbau«, haben sie gesacht.
Das heißt im Rückschluss, ich denke mal laut,
der blöde Turm hat Mist gebaut.

Die Polizei ruft laut »Aktion Winterschreck«,
und schon sind alle Verbrecher weg,
die Bullen kann das nicht verzagen,
sie tun statt dessen Schwarzfahrer jagen.

Wir hatten zwei homophobe Prediger,
doch jetzt gibt’s einen weniger,
gegen Kaplan gab es Gesetze,
der Kardinal treibt weiter Hetze.

Hurra, der Papst kommt, das gibt’s nur einmal,
wär’ auch ein Wunder, käme er zweimal.
Meinen Segen hat der Greis,
bleibt drüben er im Erftkreis.

Das ist die Welt, wie ich sie seh,
es grüßt euch de löstige Ich-AG!

Die Session neigt sich dem Ende zu,
dann ist erstmal wieder neun Monate Ruh’,
Schluss mit dem Stress und Schluss mit den Witzen,
endlich kann ich wieder bei Gitte sitzen.

Der Job insgesamt ist ganz passabel,
die Arbeitszeiten sind akzeptabel,
außer Bier muss man nichts heben,
und mit der Bezahlung kann ich leben.

Kehr ich dann Heim in mein Stammlokal,
kriegt jeder ein Getränk seiner Wahl.
dann stoße ich an, nach alter Sitte,
mit Heiner, mit Pitter, und sogar mit Gitte.