»The city never sleeps«

Am 1. Februar tagt der Stadtrat zum ersten Mal in diesem Jahr. Was passiert 2005 in der Kölner Politik? Fragen an OB Fritz Schramma (CDU)

StadtRevue: Herr Oberbürgermeister, beginnt nach den monatelangen Koalitionsgesprächen jetzt endlich wieder die politische Arbeit?

Fritz Schramma: So kann man das nicht sagen. Natürlich hat die Stadt zwischendurch auch gearbeitet, und die Dinge laufen weiter, da muss ich meinen Kollegen aus Düsseldorf zitieren: the city never sleeps. Deswegen auch mein Unmut, dass sich direkt nach der Wahl im September die Politiker ein bisschen zurückgezogen haben, aber das ist inzwischen geklärt. CDU und SPD haben ein Papier zustande gebracht, und das ist im Dezember verabschiedet worden.

Sie haben sich von Anfang an für die große Koalition ausgesprochen. Warum?

Grundsätzlich bin ich überhaupt kein Freund von Koalitionen, am liebsten ist mir eine gute Mehrheit einer Fraktion, am besten der meinigen. Aber ich muss sehen, was machbar ist, da geht es nicht um Liebeshochzeiten, da geht es um Vernunft. Ich denke, dass beide Fraktionen sich eigentlich rundum erneuert haben, wenn man mal zehn Jahre zurücksieht. Eine große Koalition ist jetzt nicht mehr die große Klüngelkoalition, die sie vielleicht mal früher gewesen ist, und deswegen gebe ich der schon eine Chance.

Aber auch die erneuerte CDU ist sichtbar zerstritten. Wie groß ist Ihre Hoffnung auf eine stabile Koalition?

Der Streit in der CDU muss aufhören. Das ist die einzige Hoffnung, die man haben kann. Wenn das nicht gelingt, dann geht die CDU in Köln baden.

Sie werden zurzeit auch persönlich kritisiert, weil der Bauunternehmer Ewald Hohr eines Ihrer Plakate im OB-Wahlkampf 2000 finanziert hat.

Das ist doch keine Kritik an mir, es ist doch in Ordnung, wenn jemand einen Wahlkampf unterstützt. 2000 habe ich mich um diesen Wahlkampf nur insoweit gekümmert, als ich Tag und Nacht unterwegs war, mich den Wählerinnen und Wählern gestellt habe. Da ist gar keine Zeit, sich um das Technische oder Finanzielle eines solchen Wahlkampfes zu kümmern. Ich habe ein absolut reines Gewissen. Das war ein völlig ordentliches Verfahren, auch wenn aus irgendwelchen Gründen, die ich noch nicht nachvollziehen kann, dieser Betrag nicht in der Abrechnung aufgetaucht ist.

Wenn Sie ein politisches Ziel nennen müssten, das Sie bis Ende dieses Jahres erreicht haben wollen – was wäre das?

Wenn wir jetzt mal den Haushalt außen vor lassen – das ist sozusagen die Prämisse – könnte ich die interkommunale Zusammenarbeit nennen, das heißt auszuloten, was wir durch Zusammenarbeit mit benachbarten Städten, insbesondere Bonn und Leverkusen, optimieren und vielleicht auch strukturell einsparen können.

Die schon oft zitierte Rheinschiene...

Die Rheinschiene, genau. Denken Sie mal an die Versorgungs- und Entsorgungsbereiche, an die Verkehrsstruktur, die Kulturzusammen- arbeit, den Sport, auch an die Verwaltung. Wir haben ein hervorragend funktionierendes Call-Center, da wo es das noch nicht gibt, können wir die Dienste anbieten. Eine andere Kommune hat vielleicht etwas anderes, das gut läuft, und würde das für uns mit erledigen.

Welche Spielräume lässt der Haushalt denn überhaupt in diesem Jahr?

In erster Linie heißt es: Gestalten durch Verzicht. Land und Bund geben uns dauernd weitere Aufgaben, und wir müssen die erstmal erledigen. Wir haben auf der anderen Seite auch bestimmte Dinge, die wir machen wollen, zum Beispiel ein Museum am Neumarkt bauen. Wir kriegen auch Gelder, ein Teil wird durchs Land gefördert, aber irgendwann ist Ende der Fahnenstange, da muss man dann sehr kleinschrittig vorgehen.

Was halten Sie in dieser Situation von einer stärkeren Bürgerbeteiligung, zum Beispiel durch so genannte Bürgerhaushalte?

Ein Bürgerhaushalt ist im Prinzip wünschenswert. Aber wenn Sie sich mal hinsetzen und die Aktenlage des Haushaltes einer Millionen-Stadt bewerkstelligen wollten – das können Sie den Leuten gar nicht zumuten. Das kann man nur in kleineren Einheiten machen, zum Beispiel auf Bezirksebene. Aber grundsätzlich ist Partizipation ein Thema, Sie werden das in der Kulturpolitik erleben. Sobald wir den Kulturdezernenten haben, soll die Politik sagen, wie sie hier in einer offenen Diskussion mit allen, die an Kultur interessiert und involviert sind, eine Art Kulturkonferenz gestaltet.

Bräuchte eine komplexe Großstadt wie Köln umgekehrt nicht auch Berufspolitiker?

Manchmal frage ich mich das auch. Wer sein Ehrenamt im Stadtrat ernst nimmt und im Hauptberuf zum Beispiel als Handwerker tätig ist, der kann wirklich in Schwierigkeiten kommen, wenn er kein Geld auf der hohen Kante hat. In einer Großstadt wie Köln ein Ehrenamt zu bekleiden, ist zumindest ein Halbtagsjob. Vielleicht würde es schon reichen, eine etwas höhere Aufwandsentschädigung im Sinne von Halbtagsjobs zu gewähren.

Auf einem Karnevalswagen werden Sie zum Thema Kulturhauptstadt zu sehen sein – unter dem Motto: »Das ging voll in die Hose«. Wie wollen Sie nach den Pannen des letzten Jahres einen neuen Kulturdezernenten finden, der gerne nach Köln kommt?

Diese Stadt ist so interessant und so spannend, bei allen Schwierigkeiten, dass sich da genug Interessenten finden werden. Bis Mitte Februar ist Bewerbungsfrist, dann wird man sich zusammensetzen und die Ergebnisse durchchecken. Ich hoffe, dass wir das bis allerspätestens vor den Sommerferien geschafft haben. Wer an dieser Stadt keinen Spaß hat, was die Kulturszene betrifft, der ist nicht richtig vom Fach.