Hans-Christoph Zimmermann ist freier

Desaster, zweiter Akt

Die Stadt hat endlich den Schuldigen gefunden: Die Firma Deerns ist für alles verantwortlich, was bei der Bühnensanierung schief gegangen ist

 

Köln kann auch anders. Wer geglaubt hat, am Tag vor Beginn der Session sei die Stadt schon beim mildgestimmten Anschwitzen, täuscht sich.  Mit wütendem Gebrüll wurden am 10.11. die niederländischen Kabelverdreher von der Firma Deerns aus der Stadt gejagt. Konkret: Die Stadtverwaltung hat das Vertragsverhältnis mit der Deerns Deutschland GmbH, einer Tochter der Deerns Group aus Rijswijk, aufgelöst. Die Firma war bei der Sanierung der Bühnen für die Planung und Bauleitung der technischen Anlagen der Gebäude zuständig.

 

Seit klar ist, dass es mit dem Einzug ins sanierte Bühnenjerusalem am Offenbachplatz in diesem Jahr nichts wird, wurde inquisitorisch nach Schuldigen gefahndet. Die Kulturdezernentin, der Baudezernent, die Firma Imtech, die drei Intendanten — alle waren mal dran, keiner wollte aber so recht die Rolle des Sünders übernehmen. Jetzt ist endlich das Opfer gefunden. Die Firma Deerns sei, so die Stadt Köln in einer Presseerklärung, »wesentlich verantwortlich für das Scheitern der Wiedereröffnung der Bühnen«. Na also, geht doch! Die Deerns Group ist kein Unbekannter in Köln: Sie war beim Neu- und Umbau des P&C-Kaufhauses auf der Schildergasse und des Gerling-Quartiers beteiligt. Sie hat bei Projekten der Messe, der Rheinenergie und der AWB mitgewirkt — offenbar zu aller Zufriedenheit. Zwar soll die Firma in den Jour-fixe-Protokollen der Bauleitung immer wieder als Verursacher von Verzögerungen auf der Baustelle auftauchen.

 

Doch rechtfertigt das bereits einen Rauswurf? Es geht hier offenbar um Symbolpolitik, die Stadt braucht einen Sündenbock. Denn die  Eröffnung der Bühnen verzögert sich nicht um zwei, sondern wahrscheinlich um drei Jahre. Mitte November sollte das Ingenieurbüro Zarinfar als Projektleiter einen Plan für das weitere Vorgehen auf der Baustelle vorstellen. Kurz zuvor kursierte bereits ein Entwurf dieses Berichts, aus dem der Kölner Stadt-Anzeiger zitierte. Demnach ist mit der Wiedereröffnung der Bühnen erst ab Mai 2018 zu rechnen. Die Ratsentscheidung vom September, die das Interim auf zwei weitere Jahre begrenzen wollte, wäre damit schon wieder Makulatur. Ein halbes Jahr länger wird es auf jeden Fall  dauern — die Neuausschreibung des Auftrags der Firma Deerns nimmt sechs bis acht Monate in Anspruch. Doch wieso führen die angeblichen Verfehlungen der Firma erst jetzt zur Kündigung, wenn sie so gravierend waren? Warum wurde das Büro Zarinfar nicht bereits im September in die Entscheidung um die Dauer des Interims miteinbezogen? Verwaltung und Politik haben nicht viel aus dem Desaster gelernt. Wollte die Politik nicht eine durchdachte Entscheidung in Sachen Interim treffen? Die Deerns-Kündigung und ihre Folgen sind vor allem eines: ein Ablenkungsmanöver von der unprofessionellen und verantwortungslosen Vorgehensweise der Stadt.