Was war die Frage?

Ceal Floyers kluge Fallstrickereien im Bonner Kunstmuseum

Das überrascht dann doch: Die Ausstellung von Ceal Floyer im Kunstmuseum Bonn wird als ihre erste Einzelausstellung in einem Museum angekündigt. Nun ist die 1968 geborene britische Künstlerin, die seit Jahren in Berlin lebt, beileibe keine Unbekannte im Kunstbetrieb. Kaum eine der weltweit beachteten Themen- oder Übersichtsausstellungen, inklusive Documenta und Biennale Venedig, verzichtete auf ihre Teilnahme. Erinnert sei auch an ihren Auftritt im Kölnischen Kunstverein 2013, wo sie die komplette Fensterfront dicht an dicht mit Vogelsilhouetten beklebte, die normalerweise zum Schutz unserer gefiederten Freunde dienen. Tatsächlich aber fehlte bislang so etwas wie eine Retrospektive.

 

Die Bonner Schau umfasst zwanzig Arbeiten der Künstlerin, verteilt auf drei Räume, ergänzt um einige Interventionen in den benachbarten Sälen. Der Parcours ist klug besetzt. Zwei helle Räume unterbricht ein verdunkelter, Fülle und Leere wechseln sich ab. Präzise sind die zumeist spröde daherkommenden Arbeiten inszeniert. Sie zeugen von einem spielerischen Umgang mit dem Minimalismus und der Konzeptkunst. Im abgedunkelten Raum wirft ein Diaprojektor das Abbild eines Lichtschalters an genau die Stelle, wo ein eben solcher vermutet werden kann: Es wird deutlich, dass Kunstwerke nur bedingt zu Gegenständen unseres Wissens taugen, falls Wissen das Ende ihrer Fragwürdigkeit wäre. Eher schon unterzieht Floyers die Parameter unserer Erkenntnistheorie einer praktischen Befragung. Symptomatisch hierfür steht eine neuere Arbeit. Auf dem Foto einer leeren grünen Schultafel wird eine Hand in die Höhe gereckt. »The Answer« lautet der Titel dieser subtil doppelbödigen Arbeit. Die Antwort scheint demnach abrufbereit zu sein, wie aber lautete die Frage?

 

Floyers Augenmerk gilt den Randbezirken des Ausstellungsbetriebes. So ist ein ordinärer Müllsack in einer Ecke abgestellt, nichts weist ihn als Kunstobjekt aus, lediglich die Beschilderung klärt darüber auf, dass er mit Luft gefüllt ist. Eine unscheinbar kleine Videoprojektion zeigt zwei Hände beim Däumchen drehen. Zwei identische Fotografien mit einem Wasserglas, verteilt auf zwei Räume — die eine Arbeit heißt jedoch »Half Full« und die andere »Half Empty«. Mit ihren scharsinnigen und ironischen Positionen stellt Ceal Floyer sowohl die Fiktion der Realität als auch die Realität der Fiktion zur Disposition.