Mehr Tanz für alle

Die Choreografinnen Silke Z. und Caroline Simon eröffnen den Tanzort ehrenfeldstudios

 

Wieder ein neuer Ort für den Tanz in Köln: die ehrenfeldstudios in der Wissmanstraße 38. Die Choreografinnen Silke Z und Caroline Simon haben das ehemalige Domizil des Kölner Spielezircus übernommen, mit einer kleinen Halle zu 80 und und einer großen zu 160 Quadratmetern. Gleich neben der Jazz-Bühne Loft soll nun ein Tanzort für alle entstehen. Mit ins Leitungsteam geholt haben sich die Initiatorinnen vier junge Choreografen: Özlem Alkis, Marion Dieterle und die Shootingstars der Szene, die Zirkusakrobaten Tim Behren und Florian Patschovsky vom Overhead Project. Ein Gespräch mit Initiatorin Silke Z.

 

Silke, in den Räumen der Ehrenfeldstudios war vorher der Spielezircus. Wie ist die Idee entstanden, dort einzuziehen?

 

Meine Tochter erfuhr von ihrem Capoeira-Lehrer von dem anstehenden Umzug. Caroline Simon und ich nahmen daher mit dem Hausbesitzer Kontakt auf. Seit März haben wir ihn fast wöchentlich getroffen. Mit ihm haben wir jemanden gewonnen, der hinter der Idee steht und uns langfristig unterstützen wird. Mit der Immobilie könnte er auch viel Geld verdienen.

Geschenkt wird sie euch aber nicht.

 

Nein. Aber einen Ort mit zwanzig- bis dreißigjähriger Mietdauer planen zu können, das fanden wir ansprechend. Uns macht das natürlich finanziell etwas Angst. Solche Räume werden in Köln aber immer weniger. Wenn man das machen will, haben wir uns gesagt, dann jetzt!

Ihr seid dafür aus dem Studio11 nahe dem Bahnhof in Ehrenfeld ausgezogen. Was passiert da jetzt? 

 

Wir möchten es in gute Hände übergeben, jemanden, der auch etwas mit Bewegung macht. Köln kann jeden Probenraum gebrauchen. Es wäre schade, wenn es zur Autogarage würde.

Die neue Lage ist auch gut, nur zwei Straßen weiter. Die ganzen Cafés, die Lädchen, der Spielplatz, wir, die Künstler, uns geht’s darum, sichtbarer zu werden. Auch mit unserem Künstlercafé sollen die Nachbarn sehen, »da ist was los«. Für uns werden die Studios ein Ort sein, an dem wir uns treffen und nicht nur proben. Der Ort hat viel Potential für Aufführungsformate, die mit Teilhabe zu tun haben, so wie wir im Studio11 schon gearbeitet haben. Für diese Nähe zu Zu­­schauern und Menschen, die Lust haben, sich selber zu bewegen, gibt es hier jetzt mehr Möglichkeiten.

Wie kam es zu dem Zusammenschluss mit den anderen Künstlern?

 

Caroline und ich mussten uns entscheiden: Gründen wir eine Zweck-WG mit jemandem, der Kohle hat oder suchen wir uns Menschen, mit denen wir Lust haben zu arbeiten? Wir haben letzteres gewählt, auch wenn es finanziell schwieriger ist. Die anderen hatten teilweise Bedenken. Es ist ein großer Schritt, so einen Verein zu gründen. Doch alle haben Ja gesagt.

Wie finanziert ihr euch?

 

Der Anteil an der Miete hängt von der Höhe der Förderung ab, die jeder bekommt. Dazu kommen Vermietungen und Fördermitgliedschaften des Vereins. Wichtig ist die Basisförderung. Die Stadt Köln vergibt erstmals Strukturgelder für Räume. Diese städtische Betriebskostenbeteiligung reicht eigentlich vorne und hinten nicht. Wenn die Kommune aber fördert, geben andere Förderer eher etwas dazu. Ein neues Netzwerk aus Barnes Crossing, Quartier am Hafen, Rhenania, TanzFaktur und ehrenfeldstudios hat einen Antrag dafür eingereicht.

Diese Einigkeit überrascht.

 

Da hat die Solidarität gewonnen! Alle sind im Boot. Auch wenn niemand die Summe bekommt, die er gern hätte. Wir können es uns nun mal in Köln nicht leisten, Orte zu verlieren. Wir brauchen sie alle, solange wir kein großes Haus haben.

Gibt es in den Studios Aufführungen?

 

Es ist ein Produktions- und Probenort mit öffentlichen Formaten, von Kurs bis Präsentation. Wie im studio 11 wollen wir auch kleine Festivals machen, aber mit viel mehr Zuschauern. Zwei Studios, Büroräume, Umkleiden, Duschen, Toiletten, Foyer, überdachter Innenhof. Wir haben Platz und können viel gastfreundlicher sein. Eine Bühne wäre der nächste Schritt. Das ist aber noch Vision: Irgendwann, wenn wir schwarze Zahlen schreiben und alle happy sind, vielleicht ginge dann auf dem Nachbargrundstück etwas.

 

Wie werden sich die neuen Räume und eure Gemeinschaft sich auf eure Tanzkunst auswirken?

 

Es ist spannend, welche Disziplinen wir mitbringen, nach dem Gemeinsamen zu suchen und uns wieder abzugrenzen. Einen Salto muss ich nicht mehr lernen (lacht). Es gibt aber den Wunsch, dass wir auch miteinander arbeiten und dadurch neue Formate entstehen, so dass hier von innen nach außen ein ­Profil wächst. Deshalb der neutrale Name.

 

Vier Parteien können nicht gleichzeitig proben. Wie regelt ihr das?

 

Wir schauen, wann welche Projekte laufen. Wir haben im Moment den Eindruck, dass es gut hinkommt, weil alle auch viel unterwegs sind. Und wenn man hier ist, kann man mal rübergehen, zuschauen, Training mitmachen. So können wir Sachen bündeln, fließende Übergänge schaffen und  Chance nutzen, was Neues kennen zu lernen.