Im Wunderkabinett

Komödie: »Die Tiefseetaucher« von Wes Anderson

Kein anderer Hollywood-Regisseur hat innerhalb von wenigen Jahren ein ähnlich exzentrisches Paralleluniversum erschaffen wie Wes Anderson. Hier treffen Kindergenies auf kindische Erwachsene, dreibeinige Hunde auf Fabeltiere, philippinische Piraten auf abgehalfterte Meeresbiologen. Weder Zeit noch Raum sind in dieser Welt genau zu bestimmen: »Die Tiefseetaucher« scheint in Italien zu beginnen, doch dieses Italien ist auf dem Seeweg nicht weit von Südostasien entfernt. Auch die Zeitgrenzen verschwimmen: Zunächst suggeriert die Ausstattung eine mediterrane Idylle in den frühen 70ern. Doch dann tauchen moderne Computer und Flachbildschirme auf.

Zu viel an zu vielen Orten

Wir befinden uns in Wes Andersons Wunderkammer. Und diese kontrolliert er minutiös. Seine Sets wirken wie preziöse Dioramen untergegangener Welten und Zeiten, bewohnt von sonderlichen Kreaturen und Charakteren, deren Exzentrik nur noch von ihrem milden Weltschmerz übertroffen wird. Anderson ist kein großer Geschichtenerzähler. Seine frontal in Panoramabildern eingefangenen Sets erzählen mehr als das Drehbuch. In der kleinen Welt seines letzten Films »Die Royal Tenenbaums« funktionierte das bestens, doch »Die Tiefseetaucher« hat hier ein Problem: Es passiert zu viel an zu vielen Orten, als dass genug Zeit bliebe, die üppig arrangierten Tableaus sprechen zu lassen.
Andersons Filme zeigen immer ungewöhnliche Familien, diesmal jedoch nicht im biologischen Sinne. Im Mittelpunkt steht die Crew der Belafonte, dem Schiff des Meeresbiologen und Tierfilmers Steve Zizou (Bill Murray), einer etwas abgehalfterten Version von Jacques Cousteau. Am Anfang schwört Zizou Rache für seinen besten Freund und Kompagnon Esteban du Plantier, der bei einem Tauchgang von einem »Jaguarhai« verspeist wurde. Doch in der Folge wandelt sich der phlegmatische Zizou nicht zum zielstrebigen Captain Ahab, sondern schlägt sich erst einmal mit seinem verlorenen Sohn herum, einer schwangeren Reporterin, philippinischen Piraten, einem snobistischen Konkurrenten und Nebenbuhler ...
Nicht nur die Bilder finden dabei keine Ruhe. Bis zum Ende scheint »Tiefssetaucher« auf der Suche nach einem Thema. In »Die Royal Tenenbaums« ging es noch darum, dass alle Neurosen und Probleme ihren Beginn in der Familie haben, aber auch nur dort geheilt werden können. »Tiefseetaucher« fehlt dieser Fokus, er bleibt letztlich an der Oberfläche origineller Schauplätze und skurriler Figuren.

Die Tiefseetaucher (The Life Aquatic) USA/I 04, R: Wes Anderson, D: Bill Murray, Owen Wilson, Cate Blanchett, 118 Min. Start: 17.3.