Auf der grünen Wiese

Ab Mai gibt es endlich auch in Köln einen Feinstaub-Messcontainer.

Noch hofft die Stadt auf saubere Luft: »Wir sind einfach besser als Düsseldorf und Dortmund«

Mit dem Thema Feinstaub hat Köln es endlich einmal wieder in die überregionalen Schlagzeilen geschafft. Während andere Großstädte wie Düsseldorf bereits Fahrverbote für LKW beschlossen, um die schwer gesundheitsschädlichen Mini-Partikel zu verringern, ging Köln ganz eigene Wege: Hier mussten sich die Bürger bisher nicht von überschrittenen EU-Grenzwerten ängstigen lassen. Denn hier gab es gar keine Messstation.

21.000 Autos pro Tag

»In Köln ist die Luft besser als auf Norderney«, spottet Stefan Bundscherer von der Deutschen Umwelthilfe. »Einfach keine Messtation haben, schützt auch«, schrieb die taz. Inzwischen hat der öffentliche Spott über die Kölner Ahnungslosigkeit zu ersten Reaktionen von Stadt und Land geführt: Gemeinsam entschloss man sich, schon am 28. April einen so genannten Messcontainer aufzustellen – und zwar nicht wie ursprünglich vorgesehen und vorbereitet an der viel befahrenen, aber auch gut belüfteten Inneren Kanalstraße, sondern an einer Stelle, wo sich der Feinstaub tatsächlich sammeln kann: Am Hohenstaufenring 74.
Über vier Meter breit ist der neue Messcontainer, und etwa 2,40 Meter hoch. Ab Mai wird er genaue Daten darüber liefern, wieviel Feinstaub die 21.000 Autos produzieren, die sich täglich an ihm vorbeischieben. Zu solchen Messungen ist das Land NRW eigentlich schon seit dem 1. Januar verpflichtet – denn seit diesem Termin gelten die EU-Grenzwerte für Feinstaub. Die entsprechende Richtlinie wurde sogar schon 1999 beschlossen. Jetzt versuchen Stadt und Land sich gegenseitig die Schuld dafür zu geben, dass trotz des langen Vorlaufs zum Jahresbeginn eine Messstation fehlte.
»Die Stadt Köln hat schon etwas getrickst«, erklärte NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn in einem Interview. Die städtische Genehmigung für die Messstation habe »furchtbar lange gedauert«. Ludwig Arentz vom städtischen Umweltamt widerspricht: »Das Land versucht, die Stadt mit Dreck zu bewerfen«. Er verweist darauf, dass die Feinstaubmessung eindeutig Landessache ist. Wirklich ärgerlich ist dieses Schwarze-Peter-Spiel, weil dank der fehlenden Messstation keine vollständigen Ergebnisse für das Jahr 2005 vorliegen werden. »Wir können die Messergebnisse nicht auf das ganze Jahr hochrechnen, weil der Staub stark wetterabhängig ist«, sagt Babette Winter vom zuständigen Landesumweltamt. »Für das Jahr 2005 werden wir in Köln keine Jahreskenngröße haben«.

Hickhack um Messstation erspart Feinstaub-Klagen

Wollen Bürger ihre Stadt auf Einhaltung des EU-Grenzwerts verklagen, muss aber nachgewiesen werden, dass dieser Grenzwert mindestens 35 Mal pro Jahr überschritten wurde. So könnte das Hickhack um die Messstation der Stadt sogar Feinstaub-Klagen ersparen: Weil in den ersten vier Monaten des Jahres nicht gemessen wurde, hat Köln in dieser Zeit offiziell auch keinen Grenzwert überschritten.
»Feinstaub ist gefährlich, weil die Partikel so klein sind, dass der menschliche Körper keinen Filter dafür hat – weder die Nasenhärchen noch die Lungen können ihn ausfiltern«, erklärt Stefan Bundscherer von der Deutschen Umwelthilfe. Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs würden dadurch begünstigt. Hauptverursacher sind Dieselmotoren. »Wir fordern seit Jahren Partikelfilter«, sagt Bundscherer. Der Kölner Autobauer Ford habe sich im Frühjahr 2003 auch überzeugen lassen, und den Einbau solcher Filter schon für den Sommer 2003 angekündigt, sagt Bundscherer. »Doch dann hat sich Ford von den anderen Konzernen unter Druck setzten lassen und seine Ankündigung zurückgezogen.«

Vorsorgliche Entwicklung eines Luftreinhalteplans

Während französische Autofirmen inzwischen mit ihren serienmäßigen Rußpartikelfiltern werben, pusten deutsche Dieselmotoren immer noch massenweise Feinstaub in die Luft. »Weil der vorsorgende Umweltschutz nicht stattgefunden hat, müssen die Städte jetzt nachsorgenden Umweltschutz betreiben«, sagt Bundscherer. Das bedeutet zum Beispiel Fahrverbote und tägliche Nassreinigung wie an der Corneliusstraße in Düsseldorf.
Nur in Köln bleibt vorerst alles beim Alten. Hier sei die Luft aber ohnehin sauberer als in anderen Städten, sagt Ludwig Arentz vom städtischen Umweltamt: »Die Stadt Köln ist da einfach besser als Düsseldorf oder Dortmund.« Moderne Parkleitsysteme, Stauvermeidung und das Güterverteilzentrum für LKW am Bahnhof Eifeltor hätten die Belastung durch den Straßenverkehr in Köln bereits deutlich reduziert. Trotzdem wollen Stadt und Land jetzt gemeinsam einen so genannten Luftreinhalteplan entwickeln – vorsorglich.
Keine schlechte Idee. Dass Köln doch nicht so einfach am Thema Feinstaub vorbei kommt, zeigen zwei Kölner Messstationen des Landes, die eigentlich gar nicht auf den Verkehr ausgerichtet sind. Sie messen die so genannte Hintergrundbelastung und stehen deshalb am Stadtrand in Chorweiler und Rodenkirchen. An diesen beiden Stationen wurde in diesem Jahr bereits drei beziehungsweise vier Mal der Feinstaub-Grenzwert überschritten – mitten auf der grünen Wiese.