Viel mehr laufen

Der 1. FC Köln ist wieder erstklassig. Und unter dem neuen Trainer Uwe Rapolder hat die Mannschaft sogar das Zeug dazu, es auch zu bleiben.

Der Aufstieg ist geschafft, und mit Uwe Rapolder hat der 1. FC Köln seinen Wunschtrainer unter Vertrag genommen. Das ist schön. Schließlich gehört unser Club ja in die Erste Liga, das ist ein beileibe nicht nur rheinisches Mantra: das tolle Stadion, die tollen Fans, ein Weltmeister als Präsident, ein unvergleichlich gut kickender Jungstar – wer gezwungen wird, sich zum FC zu äußern, flüchtet sich schnell in diese Stereotype. Eigentlich also beginnt mit dem Comeback in Liga eins nicht mehr als jener Alltag, dem sich Vereinsführung und Fans so sehr verpflichtet fühlen.

Zweifel trotz Aufstieg

Aber wer sich auf den Tribünen des Stadions in Köln-Müngersdorf und in den »Sportbars« genannten Kneipen der Stadt umgehört hat in den letzten Wochen, der begegnete bei aller Freude über den direkten Wiederaufstieg erheblichen Zweifeln an der Leistungsfähigkeit des Teams. Auch die Ankündigung von Präsident Wolfgang Overath, drei oder vier richtig erfahrene Kicker zu holen, um den Kader zu einem wettbewerbstauglichen Haufen zu machen, wischt die Bedenken nicht so schnell hinweg. Das wird zuallererst mit den Erfahrungen der letzten Jahre zu tun haben – wir steigen schließlich nicht zum ersten Mal wieder auf.
Aber: Die Bedingungen für eine bessere Zukunft sind so schlecht nicht. Der 1. FC Köln wird ein ganz gut ausgestatteter Erstligaclub sein, der ordentliche Gehälter zahlt und dem die guten Fußballer nicht in dem Maße weglaufen, wie es gerade Rapolders Ex-Club Arminia Bielefeld geschieht. Doch die Basis für ein glückliches Morgen könnte durchaus auch im Heute zu finden sein: im aktuellen Kader. Denn der muss gar nicht ganz so schlecht sein, wie er in der abgelaufenen Saison gekickt hat.

Siegreicher aber schlimmer Fussball

Wolfgang Overath hatte den sportlich Verantwortlichen Huub Stevens einst vorgestellt als besten Trainer, der auf dem Markt zu haben gewesen sei. Mit diesem vermeintlichen Coup hatte er die Basis geschaffen für seinen deutlichen Kontersieg bei der Hauptversammlung des Vereins, auf der er zum Präsidenten gewählt wurde. Stevens kam als UEFA-Cup-Sieger und Beinah-Deutscher-Meister, und die eitle Freude aller wurde erst spät gestört durch den schlimmen Fußball, der zwar irgendwie zu Siegen führte gegen die echten Zweitligisten, aber niemandem jenen Spaß bereitete, den Overath bei seiner Inthronisierung versprochen hatte.
Schon bevor Stevens zum FC kam, war er bekannt dafür, überflüssige Kommunikation mit seinen Untergebenen zu meiden. Als Trainer von Hertha BSC hatte er auf Pressekonferenzen immer seinem Team den schwarzen Peter zugeschoben, um unzureichende Leistungen zu erklären. In Köln ist er noch wortkarger aufgetreten. Und was seinen Umgang mit der Mannschaft angeht, muss man sich nur die Matches der vergangenen Saison anschauen.

Kaum Teil der Mannschaft

Für mich ist die bestürzendste Sekunde der gesamten Saison jene im Spiel in Unterhaching gewesen, als der gerade erst eingewechselte Marius Ebbers beinah ein Tor erzielt hätte. An der Sechzehnmeterlinie stehend hatte der Mittelstürmer den Ball über den Hachinger Keeper gedreht… Leider hatte sich das runde Ding im Flug überlegt, die Latte zu testen, anstatt im Netz zu zappeln. Von der Latte sprang der Ball auf den Fuß von Albert Streit, der besonnen versenkte. Was sich dann abspielte, vor Monaten schon, war Folgendes: Alle Kicker versammelten sich an der linken Seitenauslinie, um das Tor zu feiern – alle, bis auf Ebbers, der fassungslos an der Strafraumgrenze stehen blieb, um sein Leid allen deutlich sichtbar zu machen. Er hatte in den Wochen vorher keine guten Karten gehabt bei Stevens – und so weit draußen, wie er sich in Unterhaching präsentierte, war er wahrscheinlich wirklich: kaum Teil der Mannschaft.
Ebbers ist beileibe nicht der einzige, dessen Qualitäten es noch auszureizen gilt. Wer sich das Rückspiel gegen Unterhaching angeschaut hat, durfte einen der seltenen Auftritte von Markus Feulner bestaunen. Der Rechtsfuß kickte, dass allen das Grauen kam. Er hatte die übliche Tour durch die Regionalligastadien hinter sich, die jenen auferlegt wird, die weit weg sind von den elf Freunden, die ein Zweitligaspiel beginnen dürfen. Aber jede Wette, dass Feulner in der nächsten Saison besser Fußball spielen und einen besseren Stand haben wird.
Bevor wir hier nun ein Lieblingswort der Tribünen zitieren: »Systemfußball«, halten wir einfach fest, dass die Kicker des 1. FC Köln in den Wettkämpfen der nächsten Saison viel mehr laufen werden als in der zu Ende gegangenen. Rapolders Spiel sieht vor, den Ball schnell vom Gegner zurück zu kriegen, wenn man ihn einmal verloren hat. Darauf allein freue ich mich schon jetzt. Ach, und auf die Erste Liga sowieso. Die Dinge stehen so übel nicht dieses Mal. Und selbst mit dem Trainer hätten wir es wahrlich schlechter treffen können.