Mars Attacks!

In seinem Remake von »Krieg der Welten« lässt Steven Spielberg E.T.s böse Brüder die Erde in Schutt und Asche legen. Ein Streifzug durch die Geschichte der Alien-Invasionen im amerikanischen Kino

 

Als im Oktober 1957 der piepende Kunstmond »Sputnik« die Erde umkreiste, war Hollywood wieder einmal seiner Zeit voraus. Während die westlichen Nationen geschockt den sowjetischen Signalen aus dem Orbit lauschten, hatte die Traumfabrik schon Jahre zuvor die »rote Gefahr« ins Weltall projiziert. Immer neue außerirdische Armeen waren aus den Tiefen der Milchstraße gekommen, um sich die Erde Untertan zu machen – so viele, dass die Invasion der Aliens zum berühmtesten Motiv des amerikanischen B-Films wurde. In »Der Tag, an dem die Erde stillstand« (1951), »Invasion vom Mars« (1953) oder »Die Dämonischen« (1956, Originaltitel: »Invasion of the Body Snatchers«) brach sich allerdings nicht allein die Furcht vor dem Kommunismus Bahn, sondern eine Vielzahl diffuser Ängste, die Brüche im amerikanischen Selbstverständnis offen legten. Der Stellvertreter-Krieg gegen die Außerirdischen eröffnete Fronten, die bis zu Steven Spielbergs aktuellem Remake von »War of the Worlds« heiß umkämpft geblieben sind.

Apokalyptische Allegorien der 50er

Erstaunlicherweise stellt gerade das markanteste Zeichen amerikanischer Potenz in den Alien-Invasion-Filmen der 1950er Jahre die größte Bedrohung dar. Die entfesselte Macht der Atombombe schlug sich in apokalyptischen Allegorien wie Robert Wises »Der Tag an dem die Erde stillstand« nieder, in dem ein menschlich aussehender Außerirdischer auf die Erde kommt, um den zerstrittenen Führern der Welt eine Friedensbotschaft zu überbringen. Er wandelt eine Weile unerkannt unter den Menschen, wird getötet und fährt, wieder auferstanden, in einer fliegenden Untertasse zum Himmel. Seine Bergpredigt weist diesen neuen Christus allerdings als Kind einer ganz und gar irdischen Abschreckungs-Politik aus: Sollten sich die Menschen nicht zum friedvollen Zusammenleben bekehren, so lauten seine Abschiedsworte, wird die Erde von einem im Weltraum Wache schiebenden Roboter ausgelöscht.
Die unfrohe Botschaft von der zerstörerischen Kraft des Fortschritts erreicht die Erde auch in Byron Haskins »Krieg der Welten« (1953). Hier sind es die militärisch weit überlegenen, aber ohne ihre maschinellen Prothesen anrührend zerbrechlichen Marsianer, die sich der eigenen Technik ausgeliefert haben. Ihr Tod ist deshalb alles andere als ein klassisches Happy End. Die Menschheit ist noch einmal davongekommen, doch niemand weiß, ob der göttliche Eingriff, der sie gerettet hat, nicht einfach unverdientes Glück gewesen ist.

Sonderfall: Invasion des Körpers

Ein heimtückischer Sonderfall des Genres ist die Invasion des menschlichen Körpers. In aller Regel werden hier Eltern, Eheleute und Freunde im Schlaf durch Aliens »ausgetauscht«, um als perfekte Kopien die neue Saat auch in ihre Nächsten zu pflanzen. In der ersten Verfilmung dieses Stoffs, Don Siegels »Die Dämonischen«, kann man noch das Motiv der »roten« Infiltrierung entdecken, doch schon bei Siegel geht es vor allem um den Gegensatz von Individualität und Konformismus. Die erschreckende Frage ist, wie viel Gleichförmigkeit eine Gesellschaft verkraften kann, und dabei spielt es keine Rolle, ob die »Gehirnwäsche« kommunistische oder anti-kommunistische Züge trägt. Philip Kaufmans in San Francisco angesiedeltes Remake von 1978 stellt diese Frage im Licht der abklingenden Hippie-Bewegung neu, während Abel Ferraras 1993er-Version den Krieg der Welten zwischen den Generationen ausfechten lässt. Den Teenagern gehört dabei Ferraras ganze Sympathie, da die Erwachsenenwelt ohnehin das Reich seelenloser Duplikate ist.

Alienfilme in 90ern unter amerikanischer Flagge

Mit dem Ende des Kalten Kriegs veränderte sich auch der Alien-Invasion-Film. Die Welt war nicht rot geworden, sondern trug gestreift mit Sternen – als Medium dieser friedlichen Kolonialisierung trat das Blockbuster-Kino aus Hollywood auf den Plan. Roland Emmerich feiert in »Independence Day« (1996) die Einigung der Welt unter amerikanischer Flagge, Tim Burton in »Mars Attacks!« (1996) sowie Paul Verhoeven in »Starship Troopers« (1997) versehen die Pax americana zwar mit ironischen Vorzeichen, rütteln aber nicht an ihrer Gültigkeit. Im Angesicht der außerirdischen Bedrohung greifen die Filmfiguren lediglich auf ein unterschiedlich definiertes Erbe Amerikas zurück: Pathos und Opferbereitschaft bei Emmerich, Kriegslüsternheit gepaart mit einer schlichten Gemütsverfassung bei Verhoeven und die Vulgarität der Massenkultur bei Burton. Bevor die Aliens endgültig zum Maskottchen der Globalisierung wurden, bekam der Topos des fremden Eindringlings jedoch eine neue, ungeahnt bedrohliche Aktualität. Seit dem 11. September 2001 ist die Welt unübersichtlicher denn je geworden, und dass die Menschheit in M. Night Shyamalans »Signs« (2002) nicht mehr geeint, sondern in kleine Gruppen zerfallen gegen die außerirdische Streitmacht antritt, hat seine zeithistorische Notwendigkeit. Hollywoods Sendungsbewusstsein ist gleichwohl ungebrochen – ob bald terroristische Flugobjekte aus dem Weltall kommen? Wenn es auf dem Plakat von »Alien vs. Predator« heißt: »Wer auch gewinnt, wir verlieren«, dann stimmt dies jedenfalls nur zum Teil. Denn längst zählt Hollywood die Außerirdischen zu seinen profitabelsten Zuarbeitern.

Krieg der Welten (War of the Worlds) USA 05, R: Steven Spielberg, D: Tom Cruise, Dakota Fanning, Tim Robbins. Start: 29.6.