Der Grenzgänger

Friedrich Schröder-Sonnenstern in der Villa Zanders

Eine Zeit lang gehörte er zum populären Kunstinventar der alten Bundesrepublik. Die Werke von Friedrich Schröder-Sonnenstern (1892-1982) wurden vor allem in den 70er Jahren als Druckgrafiken verbreitet, dann aber gründlich vergessen. Einen sehenswerten Beitrag zu seiner vorsichtigen Wiederentdeckung leistet eine kleine, informative Ausstellung in Bergisch Gladbach.

 

Der selbsternannte »dreifache Weltmeister aller Künste« ist ein Spätberufener mit faszinierender, tragischer Biografie. Die ersten fünf Jahrzehnte seines Lebens waren geprägt von Psychiatrie und Gefängnis, Hilfsarbeiten und Okkultismus. Erst spät, ab etwa 1948, entstehen kleine Bleistiftzeichnungen. Auf Anraten seines ersten Galeristen arbeitet er bald mit Buntstiften, mit größeren Formaten. Seit Mitte der 50er Jahre kommt er allmählich zu Ruhm – vor allem die späten Surrealisten schätzen den Grenzgänger, der unter Art Brut einsortiert wurde. Schon um 1958 endet die kreative Phase seines Werks. Er variiert und kopiert alte Motive, eine erste Mitarbeiterin ist beim Zeichnen behilflich, später ist es eine ganze sich zunehmend verselbständigende Werkstatt; 1974 entsteht die letzte eigenhändige Zeichnung, ein Skandal um blankosignierte Blätter ruiniert seinen Ruf endgültig.

 

Im Dachgeschoss der Villa Zanders ist ein repräsentativer Ausschnitt aus dieser höchst grotesken und verstörenden Bilderwelt zu sehen: Sie besteht aus Szenen mit Mischwesen aus Tier und Mensch, die oft mit engelhaften und teuflischen Attributen versehen sind, noch häufiger aber mit üppigen Brüsten und Phalli. Religiöse und folkloristisch-abergläubische Zeichen reichern die grimmig-fantastischen Situationen zusätzlich an. Sie sind geprägt von sexueller Obsession, Bedrohung, Verfolgung, latenter Aggression. Dieser Privatkosmos ist in einer naiven, stilisierenden Manier entworfen. Stabilisierende Symmetrie, einfacher Bildaufbau, Profilansichten dominieren die mit großem Sinn sowohl für Ökonomie als auch Detailfreude ausformulierten Bildererzählungen, die zusätzlich befeuert werden von oft ausufernden Titeln und weiteren Erläuterungen.

 

Offen geht die Ausstellung mit den Problemen dieses Werks um, führt Motivvarianten zusammen, benennt Werkstattarbeiten, zeigt mögliche Fälschungen. Ein weiterer Aspekt sind Werke ihn verehrender Künstler, sie runden den Blick auf das Phänomen Schröder-Sonnenstern ab.