Hat gerade doppelte Arbeit: Stadtkämmerin Gabriele Klug | Foto: Manfred Wegener

Doppelter Haushalt – einfache Rechnung?

Die Stadt plant einen Doppelhaushalt — um finanzpolitisch in die Spur zu kommen

 

 

Henriette Reker hat in diesen Tagen viel zu tun. Da gerät eine bedeutende Entscheidung der neuen Oberbürgermeisterin fast aus dem Blick: Reker hat einen Doppelhaushalt für die Jahre 2016 und 2017 angekündigt. Dies verschafft ihr Zeit, die Verwaltung haushaltspolitisch neu auszurichten. Dass sie mit ihrer Entscheidung die Kämmerin Gabriele Klug (Grüne) düpierte, die den Jahreshaushalt im Dezember vorlegen wollte, versucht man in schwarz-grünen Kreisen nicht allzu hochzuhängen.

 

Reker hatte bereits im Wahlkampf weitreichende Veränderungen angekündigt: Der Stadtvorstand, das Gremium aller Dezernenten, solle in Zukunft haushaltspolitisch deutlichere Schwerpunkte setzen. Das sei bislang zu wenig erkennbar gewesen. Zudem werde der Kölner Haushalt seit Jahren viel zu spät eingebracht und verabschiedet. Aber auch Rekers Doppelhaushalt wird nun deutlich später eingebracht werden. Bis dahin kann die Stadt nur eine vorläufige Haushaltsführung betreiben. Und das bedeutet, dass zahlreiche Initiativen aus dem sozialen oder kulturellen Bereich keine Planungssicherheit haben. Politiker von CDU und Grünen bemühen sich, das Problem zu relativieren: Alle Träger seien informiert, niemand müsse sich sorgen. Zumal es in der vergangenen Ratssitzung im Dezember mehrere Dringlichkeitsanträge gab, die Initiativen während der vorläufigen Haushaltsführung mit Abschlägen zu versorgen. Damit steht OB Reker im Wort. 

 

Doch auch grundsätzlich ist ein Doppelhaushalt umstritten. Zwar gewinnt die Stadtspitze damit Zeit, um neue Strategien zu entwickeln, wie die prekäre Finanzlage zu bewältigen sein könnte. Doch die jährliche Haushaltsdebatte im Rat — eigentlich Höhepunkt der demokratischen politischen Auseinandersetzung — entfällt. Ebenso wird es keinen sogenannten Bürgerhaushalt geben, der die Vorschläge der Kölnerinnen und Kölner abfragt.

 

Für die finanzielle Misere der Stadt gibt es viele Gründe: Das rücksichtslose Wirtschaften der vergangenen Jahrzehnte, bei denen nötige Instandhaltungen der städtischen Infrastruktur verschleppt wurden. Aber auch dubiose Deals mit dem Oppenheim-Esch-Fonds und steigende Kosten bei Prestige-Projekten belasten die Kasse. Stets schrammt die Stadt Köln an einem Haushaltssicherungskonzept vorbei, das sie von der Bezirksregierung auferlegt bekäme, wenn sie in zwei aufeinanderfolgenden Jahren mehr als fünf Prozent aus den Rücklagen entnehmen würde. Zuletzt waren es 4,78 Prozent.

 

Dass die Geldsorgen der Stadt auch durch das Land und den Bund verursacht werden — da ist man sich im Kölner Stadtrat einig. Es fehle die Unterstützung für soziale Aufgaben, die durch die Bundes- oder Landesgesetzgebung erst geschaffen worden sind. 

 

Dennoch gibt es Probleme, die tatsächlich typisch für Köln sind. Die Jahresabschlüsse kommen immer zu spät, obwohl sie eigentlich bei Abschluss des Haushaltsjahres vorliegen sollten: Denn die Jahresabschlüsse belegen, wie tatsächlich gehaushaltet wurde. Nach einem neuen Erlass des NRW-Innenministeriums können Haushalte nur genehmigt werden, wenn es den Jahresabschluss des Vor Vorjahres gibt. Demnach kann der Doppelhaushalt 2016/2017 erst mit dem Jahresabschluss 2014 von der Bezirksregierung genehmigt werden. Nach den derzeitigen Pla-nungen der Kämmerei würde der 2014-Jahresabschluss aber erst Ende 2016 vom Rat der Stadt abgesegnet werden können. Damit befände sich Köln ein Jahr unter vorläufiger Haushaltsführung, kritisiert Jörg Detjen, Fraktionschef der Linken.

 

Kämmerin Gabriele Klug weist darauf hin, dass die Kämmerei in den vergangenen drei Jahren fünf Jahresabschlüsse vorgelegt habe, um einen Stau abzuarbeiten, der vor ihrem Amtsantritt 2010 entstanden sei. Damals hatte die Stadt gerade auf das Neue Kommunale Finanzsystem umgestellt.

 

CDU-Chef Bernd Petelkau mahnt grundsätzlich »eine neue Planungskultur« an. Der Haushalt müsse schneller und punktgenauer kommen. Ähnlich sieht es sein neuer Koalitionskollege Jörg Frank, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen. Es müsse jetzt die Chance genutzt werden, in einen neuen Rhythmus zu kommen. Zukünftig solle dann der Haushalt nicht erst im Dezember vor dem Haushaltsjahr eingebracht werden, sondern schon ein halbes Jahr früher. Einen weiteren Schwach--punkt sieht auch Frank in den fehlenden Prioritäten. Zwar hatte die Stadtspitze unter dem vorherigen Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) »11 Punkte« als strategische Handlungsfelder benannt. Doch die seien so allgemein gehalten, dass sie eine klare politische Prioritätensetzung vermissen ließen.

 

Es wird Rekers Aufgabe sein, die Kooperationsbereitschaft, die sie in der Politik einführen will, auch in der Verwaltung bei ihren ehemaligen Kolleginnen und Kollegen umzusetzen. Das dürfte nicht ganz einfach sein. Die ehemalige Sozialdezernentin ist jetzt OB. Und Gabriele Klug leitet in schwierigen Zeiten gerade kommissarisch das Sozialdezernat, jenes Amt, das durch Rekers Wahlsieg vakant geworden ist. Nicht nur Henriette Reker  hat in diesen Tagen also viel zu tun.