Thomas Kling

Die gebrannte Performance

»als theil dichterischer arbeit ist der mündliche vortrag schriftlich fixierter texte vor einer zuhörerschaft zu begreifen, die möglichst durch den autor selbst geschehen soll«, schreibt Thomas Kling in »Der Dichter als Live-Act«. Es ist Programm und Appell gleichermaßen: Die Wasserglas-Lesungen der 80er waren ihm zuwider, für den Vortrag stellte er eigene Regeln auf. Nummer Eins: »Bitte nicht nuscheln.« Nummer Zwei: »Didaktik hat weder im Gedicht noch auf der Bühne etwas verloren. Die Leute sind gar nicht so doof, wie ihr glaubt.« Und da Klings Gedichte oft performativen Charakter haben und Wert auf Rhythmisierung oder sprachliche Idiome legen, spielte das Vortragen für ihn eine dementsprechend große Rolle. Anlässlich Klings zehntem Todestag haben Ulrike Janssen und Norbert Wehr ein beeindruckendes Hörbuch mit Livemitschnitten und Gesprächen seit 1984 realisiert: Vier sorgfältig zusammen-gestellte CDs, nicht zu vergessen die knapp sechzig Seiten grafisch schön aufgemachtes Textmaterial über und von Kling, aber auch von Kollegen wie Marcel Beyer oder Norbert Hummelt. Und ja, man wäre doch gerne dabei gewesen, bei einer von Klings Lesungen oder den gemeinsamen Auftritten mit dem kongenialen Schlagzeuger Franz Köllges. 

 

Lilienfeld Verlag, Düsseldorf 2015, 4 CDs und Begleitbuch, 24,99 Euro