Aufschlussreiche Räume

Lange Zeit hat es gedauert, bis wir die Lektion der Künstler begriffen hatten, ihre Werke nicht primär als Ausdruck innerer Befindlichkeit anzusehen. Immer wieder wurden wir aufgefordert, von der »Psyche des Künstlers« abzusehen — nicht der Autor habe im Fokus des Interesses zu stehen, sondern wir, die Betrachter. Eine Ausstellung im Museum Morsbroich vermittelt uns soeben, dass es so ernst wohl doch nicht gemeint sei.

 

Zum Thema »Interieur als Porträt« verteilen sich 16 künstlerische Beiträge passgenau auf die Raumfolgen des Schlossambientes. Das traute Heim als Rückzugsort und Hüter der Privatsphäre — hier wird es nur bedingt gewahrt. Die Kunst ist zuhause angekommen. Auf dem Prüfstand steht das häusliche Mobiliar als Phantasmagorie des privaten Interieurs. Bekannte und weniger bekann­­te, ältere und neueste Arbeiten sind vertreten. Im mittleren Salon stoßen wir auf eine enigmatische Skulptur von Mark Manders, der seit zwanzig Jahren an seinem »Selbstporträt als Gebäude« arbeitet. In akribischen Zeichnungen hält Romain Cadilhon den Zustand seines Wohnateliers fest. Mit Röhren- und Dampfbildern in grellen Farben wartet Andreas Schulze auf; die Tischgesellschaft besteht aus seinem Selbstporträt als Vase, aus welcher Zimmerpflanzen sprießen. Einem imaginären Schlossbewohner ist Robert Haiss auf der Spur. Andrea Zittel reflektiert ihr Dasein in der texanischen Wüste: Auf großen Tableaus verzeichnet sie die Kontaktstellen mit dem globalen Weltgeschehen. Menschen führen ihr Leben gerne auf einer Bühne. Das weiß auch der Wahlkölner Claus Richter und richtet mit einfachsten Materialien seinem auserwählten Alter Ego, dem dekadent-überfeinerten Jugendstilkünstler und Vogelliebhaber Alastair, ein wundervoll poetisches Domizil in Schwarz ein: Eine verschleierte Figur steht am Fenster — sie scheint aus jenem Stoff, aus welchem Träume gemacht sind.

 

Beim Verlassen dieser rundweg vergnüglichen und anregenden Ausstellung möchten wir Claus Richter leise zuflüstern: Träum’ weiter! Tu es für uns, damit wir unserer bürgerlichen Wohn-Tristesse gelegentlich entfliehen können.