Adrian Tomine: »Eindringlinge«

Adrian Tomine hat einen Blick für das Unangemessene. Jede der sechs Geschichten in »Eindringlinge«, seinem fünften auf Deutsch erschienenen Comicband, beschreibt Grenzüberschreitungen, die schlicht peinlich sind. Eine Studentin etwa sieht der Pornodarstellerin »Amber Sweet« ähnlich, und ihre Partner begehren nicht sie, sondern den Pornostar. Tomine mag seine Charaktere, er weidet sich nicht an ihrer Inadäquatheit, sondern schildert diese als Konsequenz von Irrtümern und guten Intentionen. In »Kaltes Wasser« unterstützt ein Vater widerwillig den Wunsch seiner stotternden Tochter, als Stand-Up-Comedian aufzutreten. Ihre geskripteten Auftritte kommen gut an, aber sobald sie improvisieren muss, erzeugt sie nicht Gelächter, sondern erntet es. Ihr Vater schämt sich für seine Tochter und gibt seiner verstorbenen Frau die Schuld daran, bevor er so lange mit dem Kopf vor die Wand schlägt, bis er das Bewusstsein verliert. Diese Dramatik funktioniert, weil Tomine seine Zeichnungen nicht überlädt. Die Hintergründe enthalten wenige Details, die Farben sind in blassen Pastelltönen gehalten. Und lassen gerade deshalb zu, dass Tomines Charaktere in all ihren Widersprüchlichkeiten umso deutlicher hervortreten können.