Vibriert ganz schön: Blick in die Ausstellung »23«, © VG Bild-Kunst Bonn, 2016; Foto: Heike Weber

High and low and between

Heike Weber verwandelt die Räume der Villa Zanders in präzise Poesie

 

Zurück zu den Anfängen: 1998 hatte Heike Weber im Grünen Salon der Villa Zanders ihre erste Bodenzeichnung realisiert. Wer das vibrierende rote Linienmeer damals gesehen hat, dürfte über den Karriereschub nicht verwundert sein, den es der 1962 geborenen Kölner Künstlerin gab. Seither führt sie Aufträge für ortsspezifische Arbeiten in der ganzen Welt aus. Auch wenn ihre riesigen Zeichnungen in Sisyphosarbeit entstehen, legt sie stets Wert darauf, sie selbst auszuführen, um »mit dem Raum zu verwachsen«, wie sie sagt. Jetzt bespielt sie in der Gründerzeitvilla die erste Etage mit Werkgruppen, die sie präzise für die acht sehr unterschiedlichen Räume ausgewählt hat.

 

Die neue Bodenarbeit »Sonic« im Foyer bildet den Ausgangspunkt und das Zentrum des Rundgangs. Das unruhige Parkett hat Heike Weber mit einem dunklen Holzboden bedeckt, der mit einem Geflecht aus weißen wellenartigen Linien überzogen ist. Der große Raum mit seinen weißen Säulen und Pfeilern, lebensgroßen Gipsabgüssen und prächtigem Kronleuchter wirkt vollständig verändert: Je nach Lesart ist er durch Schallwellen aus dem Untergrund oder Erschütterungen auf einer Wasserfläche bewegt. Der Eingriff vitalisiert den Raum und wirkt keineswegs anmaßend gegenüber dem markanten Interieur. 

 

Der Titel »23« der Einzelausstellung weist auf den Zeitraum zwischen der jüngsten und der ältesten Arbeit. Letzteres sind die zarten Kuben, die einst im Kölnischen Kunstverein ausgestellt wurden. Sie bestehen aus je vier handelsüblichen Styroporplatten, die Weber so lange schliff, bis sie löchrig und durchscheinend wurden. Das profane Baumaterial ist zu poetischen Skulpturen transformiert, die das Licht fangen und auf jeden Luftzug reagieren. Nähert man sich ihnen, bewegen sie sich wie Schilf im Wind. Wer den Blick zur Stuckdecke richtet, bemerkt die feine Verbindung zwischen oben und unten.

 

Das Spiel mit High and Low, Kunst und Leben oder »scheinbaren Widersprüchen«, wie es Heike Weber ausdrückt, ist charakteristisch für ihre Arbeit. Egal, ob sie mit blauen Wäscheleinen eine dreidimensionale Zeichnung von Würfeln spannt, mit Haarnetzen eine Wand wattiert oder mit großformatigen Scherenschnitten ein geheimnisvolles Dickicht aus Papier und Schatten erzeugt: So banal sich Material und Verarbeitung geben, so subtil und vielschichtig ist die Wirkung. 

 

Kunstmuseum Villa Zanders, Konrad-Adenauer Platz 8, 51465 Bergisch Gladbach, Di–Sa 14–18, Do 14–20, So 11–18 Uhr, bis 29.5.

 

villa-zanders.de