Köln wächst

Immer mehr Menschen wollen in Köln WOHNEN und arbeiten. Die Stadt ist attraktiv. Doch wo sollen all die neuen Kölner leben? Die Stadt versucht sich vorzubereiten, doch das Wachstum hat längst unseren Alltag verändert. Es wird enger: auf den Straßen, in den Bahnen, in den Veedeln. Die Stadt braucht Geld, vor allem aber gute Ideen.

 

Alles richtig gemacht! Stadtmarketing-Strategen und Politiker sind stolz, wenn Prognosen vorgelegt werden, dass Köln wachse. Vielleicht stehen sie zu selten am Neumarkt im Gedränge und warten auf die Linie 16, die wieder mal nicht kommt. Oder sie wurden nie bei der Wohnungssuche vom Vermieter wie Kandidaten einer Casting-Show behandelt — denn dann würden sie merken, dass nicht alles richtig ist.

 

»Die Frage ist schon, wie viel Wachstum man in Köln abbilden kann«, sagt Christiane Jäger, kommissarische Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung und Statistik. »200.000 neue Einwohner wird Köln sicher nicht aufnehmen können.« Genau das aber prognostiziert das Statistische Landesamt NRW: einen Anstieg von heute rund einer Million Einwohnern auf mehr als 1.200.000 im Jahr 2040. Die neuesten Berechnungen der Stadt vom März sind kaum weniger alarmierend: 100.000 neue Kölner bis 2025, und bis 2040 würden es dann noch mal 40.000 mehr sein. In jedem Fall stellt dieser Zuzug Köln vor große Probleme. Wohnungen, Schulen und Kitas müssen errichtet und Bus- und Bahnstrecken ausgebaut werden. Der Stadt droht sonst der Kollaps.

 

Besonders beliebt ist Köln bei jungen Menschen, der demografische Wandel fällt kaum ins Gewicht. Der Kölner ist durchschnittlich 42 Jahre alt und damit im »familien-relevanten Alter«, wie es in Statistiken heißt. Der Anteil von Kindern und Jugendlichen wird sich erhöhen. Nicht nur Schulen und Kitas werden benötigt, auch Sport- und Freizeitanlagen und entsprechende soziale Angebote. Dass schon jetzt Eltern auf der Suche nach einem Kita-Platz ver-zweifeln und Schulen fehlen oder sanierungsbedürftig sind, erhöht den Druck. Die Gebäudewirtschaft der Stadt müsse effi-zienter arbeiten, sagen Politiker aller Parteien. Kitas und Schulen müssen sonst als Private-Public-Partnerships (PPP) gebaut werden. Aber solche Modelle sind um-stritten, meist zahlen die Städte in der Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen letztlich mehr. Doch selbst Politiker linker Parteien sagen hinter vorgehaltener Hand, dass man eventuell dazu gezwungen sei.

 

Wohnungsnot und möblierte Mülltonnen 

 

Die größten Probleme — Politiker sprechen lieber von »Herausforderungen« — stellt die Wohnungsnot dar. Schon jetzt liegen die Kölner Mieten rund 30 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. »Man kann möblierte Mülltonnen verkaufen, weil die Stadt dermaßen unter Wachstumsdruck steht«, sagt Jörg Beste. Der Geschäftsführer des Architektur Forum Rheinland (AFR) sitzt seit vielen Jahren als Sachkundiger Bürger im Stadtentwicklungsausschuss des Rates. Das AFR hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder in seinen Veranstaltungen mit den Folgen des Bevölkerungswachstums befasst. Bereits 2012 ging es um die Frage, wie Grünflächen erhalten bleiben können, wenn dringend Wohnungen gebaut werden müssen, 2013 war Wohnungsnot Thema.

 

»Wenn 100.000 bis 200.000 Menschen zusätzlich in Köln leben wollen, aber sich nur wenige von ihnen das leisten können, dann nimmt die Gentrifizierung zu«, sagt Beste. Schon jetzt nehme auch die soziale Spaltung der Stadt zu. Es gibt Stadtteile, wo die Armut wohnt. 

 

Günstigen Wohnraum in Köln zu schaffen, das ist vor allem die Aufgabe der städtischen Wohnungsgesellschaft GAG. Etwa jeder zehnte Kölner wohnt in einer der rund 42.000 Wohnungen. Gerade hat die GAG in Chorweiler ma-rode Hochhäuser unter Zwangsverwaltung aufgekauft, die 1200 Wohnungen sollen in zehn Jahre instandgesetzt werden. Ende April beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat der GAG, ihre Aktien von der Börse zu nehmen, es ist das Ergebnis, einer langen politischen Diskussion. Die GAG soll nicht mehr verpflichtet sein, ihre Gewinne zu maximieren, sondern in der städtischen Wohnungspolitik sozialpolitische Aufgaben übernehmen. Dazu gehört ein Quartiersmanagement, bei dem soziale Initiativen eingebunden werden.    

 

In den vergangenen Jahren hat der Stadtrat mehrere Beschlüsse gefasst, um günstigen Wohnraum zu schaffen. Das Ende 2013 beschlossene »Kooperative Baulandmodell« ist vielleicht das wichtigste: Investoren müssen bei Projekten mit mehr 25 Wohneinheiten mindestens 30 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen bauen. Denn die Zahl von Sozialwohnungen hat sich seit 1990 fast halbiert, es sind nur noch rund 7 Prozent des gesamten Wohnungsbestands — obwohl etwa jeder zweite Kölner Anspruch darauf hat. Es werden zu wenige Sozialwohnungen gebaut, und viele der bestehenden Sozialwohnungen fallen allmählich aus der Mietpreisbindung. Das Kooperative Baulandmodell soll gegensteuern. Zusätzlich will die Stadt den sogenannten preisgedämpften Wohnungsbau fördern; was allerdings immer noch eine Netto-Kaltmiete von 10 Euro pro Quadratmeter bedeuten kann. 

 

Wachstum ohne Masterplan

 

Wo aber ist der Masterplan für die Wachsende Stadt? Wo ist die Strategie für mehr Wohnungen, bessere Verkehrsanbindungen, dabei aber auch ausreichend Grünflächen und soziale Vielfalt? Gerade sind CDU und Grüne im Rat der Stadt ein neues Bündnis eingegangen. Die Wachsende Stadt ist in vielen Politikfeldern ein Problem: Verkehr, Wohnungs-bau, Umwelt, Schulen bis hin zur Versorgung mit Lebensmitteln oder Konsumgütern. Denn Köln ist einerseits eine Wachsende Stadt, aber in ihr gibt es wachsende und schrumpfende Viertel. Das Stadtentwicklungskonzept Wohnen (STEK Wohnen) dient derzeit als solch ein Masterplan. Das Papier wurde 2014 im Rat beschlossen, und ist soeben ergänzt worden: Die Stadtverwaltung hat aufgezeigt, wo in Köln überall noch gebaut werden könne. Diese »Flächenidentifikation« umfasst 76 Areale unterschiedlichster Größen — und in unterschiedlichsten Lagen. 

 

Christiane Jäger vom Amt für Stadtentwicklung erklärt die Grundsätze. »Alle Flächen sollen an bestehende Siedlungen anschließen, um vorhandene Strukturen wie Schulen und ÖPNV zu nutzen. Und es ging um eine Verteilung auf alle Stadtbezirke«, sagt sie. »Aber selbst, wenn alle identifizierten Flächen bebaut würden, könnten wir zwar 17.000 Menschen unterbringen — aber wir benötigten Wohnraum für doppelt so viele.« Jäger kennt die Proteste, die aufgekommen sind, weil auch die Bebauung von Schrebergärten sowie Wohnungsbau an der Rennbahn in Weidenpesch gelistet sind. Zahlreiche Initiativen laufen Sturm. »Es ist aber nicht nur ein Konflikt zwischen Wohnungsbau und Grün«, sagt Jäger. Auch Verkehrsflächen, etwa Bahntrassen, oder Gewerbeflächen würden ja benötigt. Im Jargon der Planer fällt dann das Schlagwort »Inte-grierte Planung«. Man müsse alles bedenken, die Wechselwirkungen erkennen: ein Wohngebiet ohne Bahnanschluss ist so öde wie eine schrumpfende Stadt in Ostdeutschland, viele Menschen erzeugen noch keine Urbanität. 

 

Kirsten Jahn, Fraktionsvorsitzende der Grünen, hat das STEK Wohnen vor sich liegen. Fragt man nach einem Masterplan, tippt sie darauf. Sie nennt viele Flächen, die tabu seien: der Grünzug West, der Mediapark, das Rennbahngelände in Weidenpesch. Aber wo sollen dann die Wohnungen entstehen? 5000 sollen jedes Jahr gebaut werden, 1000 davon als Sozialwohnungen, so steht es im Kooperationsvertrag von CDU und Grünen. »Es wird sicher enger werden, denn wir müssen kompakter bauen, aber das geht auch mit Qualität«, sagt Kirsten Jahn. »Wir müssen da ein bisschen mutiger sein.« Es gebe zudem Chancen: »Die wachsende Stadt kann auch eine ökologische Stadt sein. Mischen sich Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Konsum, sind die Wege kürzer, und das ist auch gut für die Umwelt.«

 

»Die Stadt ist schon ein bisschen spät dran, um auf die Wachstumsprognosen zu reagieren«, sagt Birgit Gordes (CDU). »Aber nicht zu spät.« Die Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung findet auch, dass es zu lange dauere, bis gebaut werden könne. »Die  Genehmigungsverfahren sind zu bürokratisch. Bauen muss schneller möglich sein.« Außerdem gebe es immer striktere Vorschriften. »Vor allem die hohen Schallschutz- und Brandschutzauf-lagen, aber auch die gestiegenen Anforderungen an die Energieeffizienz treiben die Baukosten und so auch die Mieten in die Höhe.« Eine aktuelle Studie im Auftrag der Bauwirtschaft und dem Deutschen Mieterbund (DMB) stellt dar, dass die Baukosten seit 2000 um rund 30 Prozent gestiegen seien.

 

Christl Drey sieht das ähnlich. Sie ist Vorsitzende des Hauses der Architektur Köln (hdak). Planer, Architekten und Bürger diskutieren hier jeden Dienstag mit Politikern und Vertretern der Verwaltung über Themen der Stadtplanung und Stadtentwicklung. Drey betont, wie entscheidend eine »integrierte Planung« sei, was jedoch in Köln noch nicht lange als besonders wichtig angesehen werde. »Früher ist man oft fachidiotisch gewesen«, sagt Drey. »Wurden Straßen geplant, hat man erst zum Schluss an Bäume gedacht.« 

 

Aber wie beim Verkehr, so gebe es auch bei der Planung von neuen Quartieren keine Patentlösungen. Es gelte im-mer, die besondere Lage zu berücksichtigen. »Wir brauchen unbedingt qualitätvolle Planungen«, sagt Drey. »Die zwei, drei Monate, die das länger dauert, zahlen sich aus.« Nur so könnten Quartiere auch sozial funktionieren. 

 

Zwar sind Möglichkeiten der Nachverdichtung noch nicht ausgeschöpft. So werden Kölner Wohnungsgenossenschaften durch Vermittlung der Stadt beraten, wie sie in ihrem Bestand neue Wohnungen schaffen können, etwa durch den Ausbau von Dächern oder neue Zuschnitte von Wohnungen. Und auch das Programm zur Schließung von Baulücken wird wieder aufgenommen. Aber all das wird nicht die Wohnungsnot stoppen. 

 

Große Stadtquartiere sind daher in Planung: im Süden von Mülheim, im Deutzer Hafen, und im Linksrheinischen wird die Parkstadt Süd errichtet, samt Verlängerung des Grüngürtels an den Rhein. Allein hier könnten jeweils rund 2500 Wohnungen entstehen. Auf dem Clouth-Gelände in Nippes sind bald die ersten von 1100 Wohnungen bezugs-fertig. Andere große Wohnprojekte sind bereits umgesetzt: Knapp 350 Wohnungen im neuen Waldbad-Viertel in Ostheim oder 125 Wohnungen im Sürther Feld in Rodenkirchen. Mit Widdersdorf-Süd ist sogar ein neuer Stadtteil entstanden. Doch der gilt jetzt schon als Debakel: 90 -Prozent der Einwohner leben in Ein- oder Zweifamilienhäusern, der Flächenverbrauch ist enorm. Einen Stadtbahn-Anschluss gibt es nicht, man fährt mit dem Auto zur Arbeit, aber steckt zuerst im Stau.

 

Stau auf der Straße, Baustau im ÖPNV

 

Der Autoverkehr ist ein Hauptproblem wachsender Städte: Lärm und  Abgase belasten Mensch und Natur, und die Lebensqualität in den Städten sinkt, weil von Autos eine Gefahr für Fußgänger und Radfahrer ausgeht. Dass der Autoverkehr zurückgedrängt werden müsse, ist längst Mainstream unter Stadtplanern. Immer mehr Menschen nutzen das Fahrrad als Verkehrsmittel. Der Anteil von Autos am Verkehr beträgt aber noch 40 Prozent. OB Hen-riette Reker will ihn um sieben Prozent senken. Dafür muss man Straßen für Fahrradfahrer sicher machen und den ÖPNV verbessern. »Dagegen habe auch ich nichts«, sagt Ralph Sterck, Fraktionschef der FDP. »Aber ich finde es immer besser, wenn Anreize geschaffen werden. In Köln aber wird der  Autofahrer zu oft gegängelt.« Sterck sitzt seit 1999 im Rat der Stadt und im Stadtentwicklungsausschuss. Er besitzt eine Sammlung nicht verwirklichter Pläne großer Projekte — meistens bedauert er, dass sie nicht verwirklicht wurden. Sterck denkt groß, wie man so sagt, auch in der Verkehrspolitik. Er forderte weitere Rheinbrücken für den Autoverkehr und den ÖPNV. Nach jahrelangem Desinteresse haben sich CDU, SPD und Grüne mittlerweile für eine Brücke im Süden, von Godorf oder Wesseling nach Niederkassel-Lülsdorf, ausgesprochen. Sterck war auch einer der ersten, die sich 2009 nach der Archiv-Katastrophe am Waidmarkt trauten, für eine weitere U-Bahn-Strecke zwischen Heumarkt und Innerer Kanalstraße zu werben. Auch hier finde er mittlerweile Zustimmung. Denn die Ost-West-Achse der KVB gilt in diesem Bereich als Nadelöhr. Die Stationen Heumarkt, Neumarkt und Rudolfplatz sind die zentralen Umsteigestationen. Die Bahnen stehen oft im Rückstau. Daher ist für Sterck der U-Bahn-Bau das KVB-Projekt mit der größten Dringlichkeit. 

 

Michael Weisenstein, für die Linke im Rat und im Stadt--entwicklungsausschuss, findet das falsch. »Der U-Bahn-Bau würde zu lang dauern, er ist zudem exorbitant teuer. Besser wäre ein Ausbau des ÖPNV im Rechtsrheinischen, etwa die Verlängerung der Linie 7 bis nach Zündorf-Süd.« Dort entsteht ein weiteres großes Wohngebiet für 2250 Menschen. Allerdings ist noch kein Stadtbahnanschluss vorhanden. Porzer Lokalpolitiker sind gereizt, weil man hier schon seit Jahrzehnten darauf wartet; die Linie könnte sogar bis nach Bonn weiterfahren. Zugleich sind in Zündorf die Straßen mit Autos verstopft, auf die versprochene Umgehungsstraße wartet man vergebens. Das Rechtsrheinische kommt für Michael Weisenstein zu kurz. Er tritt für direkte Buslinien zwischen Porz, Kalk und Mülheim ein.

 

Das will auch Susana dos Santos, verkehrspoli-tische Sprecherin und Vize-Chefin der SPD-Fraktion. »Angesichts der Lage, wäre ein gewisser Pragatismus der KVB angebracht«, sagt sie. »Die SPD will Express-Busse einsetzen, um ohne viele Zwischenstopps stark frequentierte Knotenpunkte zu -verbinden.« Viele Schülerinnen und Schüler führen etwa von Rath-Heumar über Kalk nach Deutz zur Schule, sagt dos Santos. »Mit Express-Bussen ginge es schneller und die Stadtbahn-Linien auf der Ost-West-Achse würden -entlastet.« Auch dos Santos findet, dass der Anteil des Autoverkehrs zurückgehen müsse. »Anteilsmäßig können wir die Verringerung um sieben Prozent schaffen, absolut betrachtet wird der Autoverkehr aber be-stenfalls stagnieren.«    

 

Aber auch dieser Status Quo ist nicht ohne weitere Investitionen zu haben. KVB-Chef Jürgen Fenske sagt, er benötige allein eine Milliarde Euro, um den momentanen Zustand zu erhalten. Und der ist verheerend. Der ÖPNV in der Stadt ist überlastet. Vergangenes Jahr sind die Fahrgastzahlen erneut gestiegen: 276 Mio. Menschen fuhren in Bussen und Bahnen — 1,1 Mio. mehr als im Vorjahr. Die KVB will längere Stadtbahnen einsetzen, doch das erforderte den Umbau von Bahnsteigen. Die Umsetzung der geplanten Investitionen hängt davon ab, wie viel Fördermittel Land und Bund der KVB bewilligen. In jedem Fall dauert es noch, bis es eine Verlängerung der Linie 13 bis zur Bonner Straße oder Anbindungen von Neubrück sowie Stammheim und Flittard geben wird. Selbst die erforderliche Anbindung zum neuen Stadtquartier Mülheim-Süd ist unsicher, denn die Deutz-Mülheimer Straße ist zu schmal für eine Stadtbahn. Um die ÖPNV-Probleme zu mindern, fordert Jörg Beste vom Architektur Forum Rheinland auch neue Ideen: »Bislang sieht es so aus: Hier kommt der Kinderwagen hin, da das Fahrrad — aber wir müssen die Bahnen anders möblieren. Wir brauchen mehr Stehplätze.«

 

Das Umland ist auch keine Lösung

 

»Die Probleme des Bevölkerungswachstums lassen sich nicht mehr innerhalb der Stadtgrenzen lösen«, sagt Reimar Molitor, Geschäftsführer im Vorstand von »Region Köln-Bonn«, einem Zusammenschluss der Städte Köln, Bonn und Leverkusen sowie benachbarter Kreise, darunter Rhein-Sieg, Rhein-Erft und Rheinisch-Bergischer Kreis. »Die Verwaltungsspitzen haben längst eingesehen, dass man über Stadt- und Gemeindegrenzen hinweg kooperieren muss«,  sagt Molitor. »Früher war das Kür, heute ist das Pflicht.« Molitor spricht von Problemen, nicht von Herausforderungen. Köln leide darunter, nicht genügend Flächen zu besitzen. »Daher drängen die -Menschen, die nach Köln wollen, bereits in die zweite und dritte Reihe. Was nicht heißt, dass es im Umland günstiger wäre.«

 

Auch Molitor plädiert für einen besseren ÖPNV. »Wir brauchen ein massives Invest in die Schiene«, sagt er. Die »Region Köln-Bonn« fordert finanzielle Unterstützung für den Bahnknoten Köln. Zwei Milliarden Euro benötige Köln, sagt Molitor. Im Bundesverkehrswegeplan seien -zurzeit zwar 2,5 Milliarden Euro vorgesehen — allerdings für die gesamte Rheinschiene zwischen Bonn und Duisburg. Ein neuer Rhein-Ruhr-Express (RRX) zwischen Köln und Dortmund soll die angespannte Lage verbessern, denn wegen der täglichen Pendlerströme sind die Züge überfüllt. Kölner Politiker im Rat und nordrhein-west-fä-
--l-ischen Landtag drängen auf einen RRX-Halt zusätzlich in Köln--Mülheim. Ihre Kollegen in Düsseldorf hingegen wollen einen weiteren Stopp in Benrath. Man konkurriert um Finan-zierungen aus dem Bundesverkehrswegeplan. Dessen Entwurf hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CDU) im März vorgelegt. Jetzt geht es darum, Änderungen durchzusetzen. 

 

Die Kooperation von benachbarten Städten und Gemein-den mag heute Pflicht sein. Konkurrenz gibt es dennoch, sie findet nun zwischen den Regionen statt. In NRW rang-eln die Metropolregion Rheinland und das Ruhrgebiet um Fördermittel. Kölner Politik und Verwaltung fühlen sich oft benachteiligt. Das hängt mit der sozialdemokratischen Verbunden-heit mit dem Ruhrpott zusammen, aber auch mit den Folgen des dortigen Strukturwandels und den schrumpfenden Städten. 

 

Auch für Lokalpolitiker ist eine wachsende Stadt also Stress, wenn nicht im Gedränge am Neumarkt, dann  bei der Lobbyarbeit für Fördergelder. Aber vielleich kommt auch alles ganz anders. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung geht davon aus, dass bis 2024 lediglich rund 60.000 Menschen nach Köln kommen und dass die Bevölkerungszahl anschließend wieder auf das der-zeitige Niveau sinkt.