Fragen über Fragen

Bethan Huws interveniert in Kolumba

In ihrer Ausstellung, die sich über fünf Räume von Kolumba verteilt, stellt die aus Wales stammende, in Berlin lebende Bethan Huws eine Gretchenfrage: Warum noch mehr Kunstwerke schaffen, wenn man schon die nicht versteht, die es bereits gibt? So lautet der Text in einer ihrer sogenannten »Wort-Vitrinen«, Glaskästen mit Steckleisten für bewegliche Buchstaben, die gleichzeitig Texte und gerahmte Bilder sind.

 

Die Kunst von Bethan Huws liefert mögliche Antworten auf diese Frage. Eine davon lautet, dass Verstehen kein abschließbarer Prozess, sondern ein endloses Spiel mit Variablen ist. So versieht die Künstlerin ein Fenster mit einem Vorhang, der mit dem Wort »CERTAIN« be-druckt ist — ein Wortspiel mit »curtain«, dem englischen Wort für Vorhang, eine Anspielung auf Ludwig Wittgensteins Text »Über Ge-wissheit« und eine produktive Intervention in einem Haus, das auf Fragen von Glauben und Zweifel spezialisiert ist.

 

Im Zentrum von Huws’ künstlerischen Überlegungen steht er-klärtermaßen das Werk von -Marcel Duchamp, dem die Kunstwelt seit über hundert Jahren das Readymade, den zum Kunstwerk erklärten Alltagsgegenstand verdankt. Huws spielt mit Duchamps Einsicht, dass Kunst nicht eine Frage der Ästhetik, sondern eine der Geltung ist: Auf zwei Tischen begegnen sich sorgfältig von ihr arrangierte Alltagsgegenstände aus der Sammlung des Museums und von Huws ausgewählte Naturobjek-te — ohne dass man die Frage, ob die Alltagsdinge dadurch ebenfalls zu Kunst geworden sind, mit dem Auge allein beantworten könnte.

 

Ein gründliches Interesse an Duchamp wäre unvollständig ohne eine Hommage an seinen ganz unironischen Erotismus, den Huws in ihrer Filmprojektion »The Chocolate Bar« (2005/06) gebührend feiert. Dreh- und Angelpunkt der Arbeit ist das Wort »Mars«, das einen Frühlingsmonat, einen Kriegs-gott, einen Planeten und einen Schokoriegel bezeichnen kann. Der Film kontrastiert eine Kaskade sprachlicher Missverstän-de, die um den Begriff kreisen, mit dem — herrlich überzogenen — sprachlosen, aber nicht stummen Genießen der Schokolade durch einen männlichen Darsteller, Anspielung auf Duchamps Vorliebe für das (autoerotische) Junggesellentum. Sprache, fand Duchamp, ist gut für Vereinfachungen, aber ziemlich ungeeignet, um »36 Schattierungen eines Gefühls« zum Ausdruck zu bringen. 

 

 

Bethan Huws: »Culture, Language & Thought (Kultur, Sprache & Denken)«, noch bis zum 22.8.