»Wir nennen es Ludwig«

Jubiläen dienen meist als Anlass, der Welt die Schokoladenseite des eigenen Tuns vorzuführen und zur Geburtstagsparty Festredner einzuladen, die garantiert die richtigen Geschenke mitbringen. Im Falle des Museum Ludwig läge die Sache mit der Schokolade sogar auf der Hand, ist es doch benannt nach einem Aachener Kakaowarenfabrikanten, der einen Großteil seines Kapitals in Moderne Kunst investierte. Peter Ludwig. Ehrenbürger der Stadt Köln, mit der er 1976 den Deal seines Lebens abschloss: Er schenkte ihr 350 Kunstwerke, sie baute ihm ein Museum, das 1986 eröffnet und bald weltberühmt wurde. Alles sattsam bekannt — oder doch nicht? 

 

Die Ausstellung »Wie nennen es Ludwig«, Höhepunkt des großen Jubiläumsjahrs 2016, verspricht eine kritische, überraschende Revision. Direktor Yilmaz Dziewior und das Kuratorenteam haben die Deutungshoheit freigegeben und diejenigen gefragt, die das Haus geprägt haben, die Künstlerinnen und Künstler. Was bedeutet das Museum Ludwig für sie? 25 Künstler und Kollektive wurden eingeladen, sich mit dem Haus, seiner Geschichte und Sammlung auseinanderzusetzen und neue Arbeiten zu entwickeln. Ziel ist ein vielfach subjektives, kaleidoskopisches Bild der Institution und ihrer Möglichkeiten. 

 

Dafür bürgt schon die Einladungsliste: Gerhard Richter und die Guerilla Girls in einer Ausstellung zu vereinen, das muss man erstmal schaffen! Künstler aller Kontinente sind dabei (u.a. Georges Adéagbo, El Arakawa, Pratchaya Phinthong), unverzichtbare Kölner (Trockel, Richter, Odenbach, Stollhans), Klassiker der Konzeptkunst und Institutionskritik (Ai Weiwei, Andrea Fraser) und viele junge Positionen. Einige haben sich ins Archiv gewühlt, andere einzelne Samm-lungs-werke vorgeknöpft, die Frauenquote, die Ökonomie, das Grundsätzliche, das scheinbar Bedeutungslose. 

 

Weniger flüchtig als die Tableaus Vivants des jungen Künstlerduos Alexandra Pirici & Manuel Pelmus ist eine Arbeit aus dem Jahr 1981: »Der Pralinenmeister« von Hans Haacke. Diese akribische Recherche zur Kunst- und Schokoladendynastie Ludwig stellt dem Bild des generösen Stifters ein anderes zur Seite: den knallharten Geschäftsmann. Sie ist, man glaubt es kaum, jetzt erstmals im »Ludwig« zu sehen. 

 

Museum Ludwig, 27.8.–8.1.2017

 

Auch wir sind ins Archiv gestiegen: »Kultur und Größenwahnsinn«, die StadtRevue-Titelgeschichte aus der September-Ausgabe 1986 zur Eröffnung von Philharmonie und »Ludwig« zum Nachlesen auf stadtrevue.de