Am Anfang war das Wort

»RISS« von Gunther Geltinger und Gerriet K. Sharma

Dass einige Absolventen der Kölner Kunsthochschule für Medien in den letzten Jahren als Regisseure von sich und damit auch der KHM reden gemacht haben, ist erfreulich. Solche Erfolge können aber leicht den falschen Eindruck erwecken, bei der KHM handele es sich lediglich um eine besondere Art der Filmhochschule. Der Begriff Medien wird dort tatsächlich weiter gefasst.

Dies zeigte sich unter anderem letzten Herbst bei einer von Andreas Altenhoff zusammen mit seinen Studenten konzipierten Veranstaltung im Kölner Literaturhaus, bei der Texte im Mittelpunkt standen. Mit dabei: Gunther Geltinger und Gerriet K. Sharma, beide Jahrgang 1974, mit einem Auszug aus »RISS«.

Religion, Sex und Mystik

Schon seit einiger Zeit arbeitet Geltinger unter diesem Titel an einem umfangreichen Manuskript, dessen Hauptfigur Johannes, seinem biblischen Namensvetter ähnlich, allerhand Visionen hat. Seine Lebenswelt ist allerdings von Dark Rooms in Diskotheken geprägt. Die Verquickung von Religion und Sex erinnert nicht von ungefähr an Bataille, ein Zitat des französischen Philosophen und Autors ist »RISS« vorangestellt.

Überhaupt bedient sich der Text recht freigiebig bei Bildern aus der Mystik, seine Sprache kippt – auch wenn es starke Passagen genauer Beschreibung gibt – gelegentlich in eine Art Neo-Expressionismus. Die Figur des Johannes ist ähnlich angelegt wie Gottfried Benns phänotypischer Rönne – als Exempel für den modernen Menschen schlechthin. In Geltingers Version muss er sich die verlorene Transzendenz zurückerobern, indem er die Hölle des Leiblichen durchschreitet.

Akustische Modernisierung

Das ist starker Tobak, der in der literarischen Welt auch schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Daher tut es Geltingers Text gut, dass Gerriet K. Sharma ihn durch seine akustische Umsetzung gewissermaßen entstaubt. Er verteilt den Text auf zwei Stimmen, in der CD-Version auf die von Simon T. Roden und die der Chanteuse Georgette Dee. Ein einfacher Kunstgriff, durch den die einzelnen Passagen stärker in Dialog miteinander treten.

Sharma hat für »RISS« angenehm spröde, elektronische Musik komponiert. Gelegentlich schreckt er, was wohl die Tiefe des Sujets betonen soll, auch nicht vor Prog-Rock-Gedröhne zurück. Denn mit der Thementrias Sex-Religion-Tod geht es bei »RISS« natürlich um Alles. Auch wenn man beim Zuhören manchmal kurz zusammenzuckt, muss man Geltinger und Sharma dankbar sein, dass sie sich bei »RISS« nicht damit zufrieden geben, Prominente gefällige Textchen zum Besten geben zu lassen, wie es oft bei Hörbüchern geschieht. Die KHM tut gut daran, solchen eher randständigen Projekten Raum zu bieten.


Gunther Geltinger/Gerriet K. Sharma: RISS. Die CD ist im Hörbuchladen, Lindenstr. 22, erhältlich (13,90 Euro).