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Von Qualität und deren Erhalt war häufig die Rede im Berliner Zeitungskrieg dieser Tage – und ausgerechnet Köln machte von sich reden. Als sich im Oktober britische Heuschrecken formerly known as Finanzinvestoren daran machten, den Berliner Verlag zu übernehmen, erschien plötzlich ein weißer Ritter mit güldner Aureole überm rheinischen Schnäuzer auf dem Alexanderplatz. Der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont, schrieb der Berliner Kurier, sei die einzig verbliebene Alternative zu den ruchlosen Renditejägern aus dem Ausland. Dieser Mann, der sich mittels eigenem Gebot anschickte, die Berliner Verlagsgruppe zu retten, liebe nicht nur Zeitungen, sondern sei auch einer der letzten Großen im deutschen und internationalen Medienwesen, ein aktiver Kämpfer für die Meinungsvielfalt, ein freier Geist, ein kühler Verstand, der Zeitungen als Mittel sehe, sein persönliches Leitbild wirkungsvoll zu verbreiten: Demokratie und Weltoffenheit.
Nur wer wirklich eins ist mit seiner Darmflora verspürt hier keine Konvulsionen. Eine Lichtgestalt des deutschen Verlegertums ausgerechnet an der Spitze des Kölner Imperiums von Express und Stadt-Anzeiger? Es braucht eine tief empfundene Angst vor den britischen Investoren, um solch ein Bild vom hiesigen Großverleger zu zeichnen, den Kritiker ob seines Meinungsmonopols gerne den »Kölner Paten« nennen. Kaum eine Figur, so heißt es, habe alles was Konkurrenz, Kritik und Vielfalt im hiesigen Zeitungssektor auch nur erahnen ließ, so konsequent weggebissen wie er. Und verglichen mit der Berliner Zeitung, einem Filetstück der deutschen Zeitungslandschaft, sind seine Blätter aus der Amsterdamer Straße doch eher Dosenwurst. Nun denn, DuMont kam nicht zum Zuge, und so werden wir künftig die Lobhymnen auf den Verleger wieder nur in den DuMont-eigenen Blättern lesen.
Auch eine andere ehemalige Kölner Lichtgestalt hatte kürzlich das Nachsehen. Dabei war Ex-Viva-Chef Dieter Gorny nach dem Abgang des Musiksenders für seinen neuen Mutterkonzern Viacom auf ganz neue Trichter gekommen: Nicht Fernsehen, nicht Film oder Zeitung, auch nichts Digitales oder Mobiles, nein, Plakatwerbung, so Gorny, sei aktuell Sexy Business No. 1. Seit Jahren versucht Branchenriese Viacom Outdoor vergeblich, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Der entscheidende Sprung sollte mit der Übernahme der Deutsche-Bahn-Tochter DERG gelingen, die Plakatflächen in über 6000 Bahnhöfen vermarktet. Im entfesselten Bieterstreit führte Lobby-Virtuose Gorny die Verhandlungen. Doch zumindest diese Schlacht ging verloren, und das an einen rheinischen Rivalen: Für 140 Mio. Euro sicherte sich die Kölner Ströer AG das Recht, die Bahnhöfe in den nächsten 15 Jahren werblich zu bespielen und rückte damit bis auf Los vor.
Denn während sich hiesige Kommentatoren an Platzhirschen wie RTL und WDR berauschen, hat sich mit der Ströer AG ein echter National Champion in Köln-Sürth etabliert, wo die nunmehr größte deutsche Out-of-Home-Mediengruppe – so heißt das nämlich – ihre Konzernzentrale unterhält. Wofür das gut sein kann, ist derzeit in den USA zu erahnen. Während herkömmliche Massenmedien mit der Fragmentierung der Kanäle an Werbekraft verlieren, gewinnt der öffentliche Raum als Werbemedium an Bedeutung, so wie auch intelligente Plasma-Screens, die mit maßgeschneiderten Werbemassagen Zielgruppen in ihren speziellen Milieus bearbeiten sollen. Das so genannte Digital Signage gilt als Trendbranche mit rasanten Wachstumsprognosen. Und so wird man wohl vom ehemaligen Kölner Musik-TV-Paten bald noch hören. Irgendwie kommt er wieder rein in deinen Kopf, der Dieter.