Spürbar anders: Die Reihe ROUND. Kuratiert von Hoettges, Thomas & Meckel

Round and Round and Round it goes …

Die Philharmonie zeigt sich offen für Perspektivwechsel — in vielerlei Hinsicht

Wir haben uns in Köln an so einiges gewöhnt: Dass mittäglich durch die Ehrenstraße immer noch Boliden wie die neue G-Klasse gequetscht werden, obwohl das außer ein paar Unverbesserlichen niemand möch­te; dass der Eigelstein anstatt mit Wohnungen nun von Hotel­bauten gesäumt wird und an die alljährlichen Grilldelikte in nahezu allen Grünflächen. Völlig neu hingegen scheint, dass Veranstalter einer Konzertreihe die innere Dissonanz leben und kommunizieren.

So geschehen beim Interview mit den drei Macher*innen der ROUND-Reihe in der Philharmonie. Das ist derweil mal wirklich gut, weil aus Dissonanz auch Diskurs wird und die Stadt Veranstaltungen braucht, die nicht bei ihrer Grundidee verharren, sondern tatsächlich an Weiterentwicklung interessiert sind. In diesem Falle ist die Idee eine interessante, eine gute: An­statt die Philharmonie unnötig mit Veranstaltungen aus dem Bereich erweiterte Pop-Kultur unterzubelasten und die Zuschauer zerstreut im Saal sitzen zu lassen, wird bei ROUND einzig der Rang Z, jener Sitzplatzbereich hinter der Konzertfläche geöffnet. »Wir hätten am liebsten das Publikum auf die Empore gelassen, das ist aber aus technischen Gründen nicht machbar«, so Tobias Thomas, einer der drei. Die anderen beiden sind Thomas Meckel und Juliane Hoettges.

Hoettges betreut die Reihe vom Haus aus, Tobias Thomas ist nicht nur Kompakt-Urgestein, sondern war auch einige Jahre Booker der c/o pop; damals traf er Meckel, der dort seine Ausbildung machte, während er zeitgleich mit Freunden das Kollektiv Dorfjungs gründete. Alle drei eint der Glaube daran, dass eine Philharmonie elektronische (Pop-)Konzerte mit hohem künstlerischen Wert nicht nur aushalten kann, sondern dass es einen besonderen Mehrwert gibt.

Ganz neu ist die Idee nicht. Hoettges erinnert daran, dass es eine Reihe ähnlichen Profils (kleinere, meist elektronische Acts) schon früher gab: TripClubbing. »Ab 2006 veranstalteten wir als Phil­harmonie Konzerte erst im Alten Warte­saal, dann im Stadtgarten. Doch für das Publikum war die Verbindung zum Stammhaus häufig nicht ersichtlich. Das wollten wir ändern«, so Hoettges. Sie griff sich Tobias Thomas, den sie schon aus der Zusammenarbeit beim Acht-­Brücken-Festival kannte, dieser brachte dann Thomas Meckel als »Stimme der Jugend« mit.

Dieser Stimme Gehör zu verschaffen, ist nicht nur aus persön­lichen Gründen allen recht wichtig, sondern auch programmatisch. Im Mittelpunkt für die erste Spielzeit 2018/19 — mit vier Konzerten — stand die Bindung der jüngeren Generation an das Haus; sowohl auf Publikums-, wie auf Künstle­r*in­nen-Seite. Das klappte beim ersten Act Transport aus Mülheim vorzüglich, beim zweiten Konzert des Brandt Brauer Frick-Drittels Daniel Brandt schon weniger; bezüglich Jan Jelinek und gerade auch bei der Avantgarde-Pop-Musikerin Gudrun Gut, die seit fast vierzig Jahren im Geschäft ist, müsste man sich schon arg winden, um da einen Newcomer-Status zu erkennen. »Ganz ehrlich: Wir sind zum jetzigen Zeitpunkt schon in Diskussionen, wie unser Konzept derzeit aufgeht. Da sind wir teils unterschiedlicher Meinung, was man noch machen muss«, so Tobias Thomas, der an dieser Stelle der Meinungsverschiedenheit Platz einräumt: Ihm gefalle der Perspektivwechsel der um 180 Grad gedrehten Bühne außer­ordent­lich. Meckel hingegen scheint damit nicht ganz zufrieden: »Man stößt schnell an technische Grenzen, zum Beispiel, was die Klang­qualität angeht. Aber wir experimentieren, wir können ausprobieren. Und wir werden sicher von mal zu mal besser.«

Nochmal zum Programm: Angesprochen auf das bis dato ausschließlich deutsche Line-up und ob man dabei bleiben wolle, nicken alle und meinen damit ein seichtes Kopfschütteln. »Wir hatten letzte Spielzeit vier Veranstaltungen, in der nächsten fünf. Wir wollen unter diesen Bedingungen ungebunden sein«, so Tobias Thomas. Man habe bis jetzt auch die eigenen Netzwerke angefragt, dadurch ergebe sich der vermeintliche Fokus auf deutsche Künstler. Es sei aber sicherlich geplant auch andere europäische, amerikanische oder aber auch afrikanische Positionen eine Bühne zu bieten. »Wir wollen bloß nicht das machen, was woanders vielleicht besser funktionieren würde. Für mich sollten wir keine Tanzmusik machen; aber das sehen die anderen beiden womöglich anders.« Meckel strebt ortsspezifische Arbeiten für die Zukunft an, die auf die Philharmonie zugeschnitten, oder in Korrespondenz mit dieser treten würden. Hoettges hält gleichfalls den Überraschungseffekt hoch: »Wir wollen nicht berechenbar werden. Mir ist, wie den anderen beiden, wichtig, dass wir dem Publikum immer etwas Neues bieten können.«

Man dürfe aber nicht vergessen, so Tobias Thomas, dass sowohl er, als auch Meckel und die Philharmonie keine »eiskalten, ausgebufften Profi-Festival-Booker« seien. Das schränke heutzutage auch die Möglichkeiten ein. Sobald man international — dann im Zweifel mit großen Booking-Agenturen — verhandelt, wird es eben auch schnell teuer. Der Hype um orchestrale (meint: teure) Elektro-Techno-Produktionen in den philharmonischen Konzerthäusern der letzten Jahre fordert da eben jene kleine Reihen als Opfer. Solche Mega-Produktionen seien derweil gar nicht das Ziel. ROUND möchte und soll anders funktionieren, Ungewohntes darbieten und nicht solchen Trends hinterherhecheln. Das überlässt man lieber anderen.

Round #5: Ellen Arkbro, Do 26.9., 21 Uhr, Philharmonie