Poetik der Irreführung
Die Ausstellung »Majnoon Field« in der Temporary Gallery bietet das Porträt einer versehrten Landschaft. Eindrücke einer postapokalyptischen Welt stellen sich ein. Für die Künstlerin Rheim Alkadhi gehört die Region um die titelgebenden Ölfelder im Süden Iraks nahe der iranischen Grenze zum »letzten Ort auf Erden«. Die Ausstellung hingegen, die Alkadhi passenderweise in den Schauräumen einer ehemaligen Autowerkstatt eingerichtet hat, bietet auch poetische Momente und eine widerständige Eleganz in Form fragil arrangierter Skulpturen.
Rheim Alkadhi ist eine Wanderin zwischen den Welten. Geboren 1973 in Buffalo (USA), aufgewachsen im Irak und Amerika besuchte sie diverse Kunstakademien an der Westküste und nahm seither an zahlreichen Biennalen rund um den Globus teil. Stipendien und Artist-in-Residence-Programme in den USA, dem Nahen Osten und Europa summieren sich zu einer beeindruckenden Liste. Zurzeit lebt sie in Berlin, ihre Ausstellung in Köln ist ihre erste Einzelausstellung in Deutschland. Doch bereits an der vorletzten Documenta in Kassel war sie mit einem Diskurs- und Aktionskollektiv beteiligt. Für ihre Arbeiten verwendet sie meist Materialien, die sie an den jeweiligen Orten bei ihren eingehenden Recherchen vorfindet.
Ein knapp zehnminütiger Film, bei dem die Kamera über weite Strecken das Gelände abtastet, zeigt in prägnanten Ausschnitten ein hochgradig kontaminiertes Areal mit verseuchtem Wasser und wenigen Lebensspuren von Tieren und Menschen. Dennoch sind die Gewänder der Frauen farbenprächtig und der Flusslauf strahlt tiefblau. Erst eine Stimme aus dem Off warnt vor der Berührung mit dem Nass. In der ferne lodert ein Raffinerieschornstein, eine Krähe aus dem Zweistromland wird scharf gestellt. Die Bilder prägt eine Poetik der Irreführung. Auch die Installationen im Raum bestehen offenbar aus den im Majnoon Field herumliegenden Abfällen. Eine LKW-Plane bildet einen Teppich, aus dem rote Metallteile, wie kleine Explosionen, als Blumen zu sprießen scheinen.
Alkadhis Arbeiten sind Annäherungen an einen von physischen Narben gekennzeichneten Ort, der mit zahlreichen Hinterlassenschaften auf unheimliche Weise zweideutige Spuren bewaffneter Auseinandersetzungen und wirtschaftlicher Ausbeutung zeigt. Der Ausstellung gelingt es, die Zerbrechlichkeit, aber auch die Widerstandskraft der Menschen und des Landes spürbar zu machen.
Temporary Gallery, Zentrum für zeitgenössische Kunst e.V., Mauritiuswall 35, Do–So 12–19 Uhr, bis 15.12.