B-Thriller für A-Geld: »The Beast«

Genug Nougatstückchen

Die Fantasy Filmfest »White Nights« beeindrucken mit einem indonesischen Superheldenfilm

Früher waren die »Fantasy Filmfest White Nights« so etwas wie Methadon für Genre-Junkies: Die zwei Tage konzentrierten Schauens von Merkwürdigkeiten und Abweichungen vom Kinoalltag kamen ein halbes Jahr nach dem Sommer-Hochamt und machten das Warten auf den nächsten Kino-Rausch erträglicher. Jetzt aber, wo das Hauptfestival immer mehr in den Herbst rutscht und im Frühjahr schon die »Fantasy Filmfest Nights« folgen, fragt man sich: »Huch, schon wieder?«Aber egal, Hauptsache es gibt Prächtiges in Groß und Schön zu bewundern, das ansonsten bloß via diverser Heimmedien zu konsumieren wäre.

Taika Waititis »Jojo Rabbit« aber kann man sich in diesem Kontext sparen. Denn der kommt eh ins Kino (s. Kritik S. 64), und der Film ist zwar sehr lustig und liebenswürdig, aber auch schnell wieder vergessen. Joko Anwars indonesischen Superhelden-Film »Gundala« sollte man hingegen auf keinen Fall verpassen. Der Film basiert auf einer Comic-Serie von Harya Suraminatas, deren erste Geschichte 1969 erschien. Sie war ein ideologisches Placebo: Nach den Massakern an Mitgliedern der lokalen kommunistischen Partei sowie an Massen von chinesischstämmigen Indonesiern in den Jahren 1965/1966 erfand Suraminata mit Gundala einen Helden, der aus dem Proletariat stammt und gegen Ausbeutung und Korruption kämpft. Der war aber kein Kommunist, sondern eher eine Pop-Variante javanischer Mythen. Im Rahmen der Fantasy Film Festival White Nights ist »Gundala« das herausragende Meisterwerk.

Was nicht heißt, dass man nicht auch sonst Spaß haben kann. Lee Jung-hos »The Beast« leidet an forcierter Originalität, erweist sich aber als beeindruckender B-Thriller für A-Geld. Und von den 24 (!)
Episoden von »Deathcember« ist zwar das Gros Schmarren. Aber sehenswert ist der Film, weil er ein paar schmackige Minuten von Italo-Horrorgott Ruggero Deodato (»Cannibal Holocaust«) zu bieten hat, Neues von Lee Sang-woo, dem Kino-Enfant-terrible der Republik Korea und sympathisch Verkommenes von Andreas Marschall, der auch Heavy-Metal-Plattencover gestaltet. Das reicht eigentlich auch, es sind ja nicht jeden Tag Nougatstückchen im Adventskalender.