Zwischen Entschleunigung und Aktionismus
Die Gastronomie war der erste öffentliche Bereich, der von der Corona-Krise getroffen wurde. In der Allgemeinverfügung der Stadt Köln vom 14. März blieben »Restaurants und Gaststätten, die mit einem Essensangebot der Versorgung dienen«, zunächst von den Verboten noch ausgenommen, während die Bars schon schließen mussten. Drei Tage später folgte die Einstellung aller Betriebe.
Die Anordnung wurde zunächst als Erleichterung empfunden. »Auf der einen Seite war ich froh, dass die Unsicherheit ein Ende hatte«, sagt Eric Werner. »Auf der anderen Seite hat uns das voll erwischt.« Vor allem für seine Mitarbeiter*innen war er aber erleichtert, dass es nun eine klare Anweisung gab. Der 34-Jährige eröffnete im vergangenen Juli mit dem Astrein an der Krefelder Straße sein erstes Restaurant. Die Verleihung des ersten Michelin-Sterns für seinen Betrieb fand Anfang März schon nur per Live-Übertragung im Internet statt.
Auf die Erleichterung folgte zunächst noch einmal Arbeit. Bei einem gastronomischen Betrieb kann man nicht das Licht ausmachen und die Tür zuziehen. »Die komplette Belegschaft des Brauhauses, Betriebsleiter, die Kollegen aus der Küche, alle Festangestellten haben geputzt und aufgeräumt«, sagt Steffen Potratz-Heller, der mit seiner Frau, Brauerin Anna Heller, die gleichnamige Brauerei, das Brauhaus und die Gastronomie im Volksgarten führt. »Ich bin dankbar, dass wir Personal haben, das uns unterstützt. Alle haben der Kurzarbeit zugestimmt.«
Neben den Sorgen um das Team beeinträchtigt auch der plötzliche Abbruch der Kommunikation mit den Gästen die Stimmung. »Montagabend waren nur noch Stammgäste im Laden«, sagt Iris Giessauf von Essers Gasthaus in Neuehrenfeld. »Ich bin so gegen neun, halb zehn gegangen. Wenn man sich dann für länger von Menschen verabschiedet, die man sonst zwei-, dreimal im Monat sieht, dann ist das nicht schön!«
Der administrative Aufwand in den Betrieben bleibt gleich, während das Privatleben sich drastisch verändert. Dabei ist der entschleunigte Alltag der Krise für die Gastronom*innen, deren Arbeitsbelastung sonst vergleichsweise hoch ist, eine neue Erfahrung.
Steffen Potratz-Heller von der Gastronomie im Volksgarten etwa hat jetzt mehr Zeit für die Familie — und für sein Fernstudium. »Ich investiere die Zeit mal effektiv ins Lernen, aber immer mit dem Betrieb im Hintergrund. Der Kontakt zu den Kunden muss ja aufrechterhalten werden.«
Auch der Kontakt zu den Gästen bricht nicht vollständig ab. Mit dem Außer-Haus-Geschäft, das derzeit floriert, besteht die Möglichkeit für kurze Gespräche mit dem gebotenen Abstand oder im digitalen Raum. »Wir stellen das Abhol-Angebot auf Facebook ein, und ich bin mehr als zufrieden.
In der zweiten Woche ist der Post 46-mal geteilt worden«, sagt Iris Giessauf von Essers Gasthaus.
»Das hat mich sehr berührt. Diese Rückmeldungen geben dir das Gefühl, dass die Leute sich freuen. Am Ende ist das eine Win-Win-Situation.«
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