Raus aus der Blase
Acht Jahre ist es her, dass Jonas Briere seine Produzentenkarriere als SubMarine startete. Damals noch ein unerfahrener Teenager, der seine Wochenenden auf Drum & Bass-Partys verbrachte, steckte er bald jede freie Minute ins Basteln eigener Tracks. Die eigenen Vorbilder wurden schnell auf den talentierten Jungspund aufmerksam und boten an, seine Tracks international zu veröffentlichen. Im Interview reflektiert der Kölner diese Entwicklung, aber vor allem sein Streben nach weiterer künstlerischer Entfaltung.
Hallo Jonas, was passiert bei dir gerade?
Ganz schön viel! Ich mache gerade meinen Abschluss an der Uni und habe dann vor, nach Berlin zu ziehen. Mein Ziel ist es, mich intensiver mit meiner Musik als auch mit mir selber auseinanderzusetzen
Kannst du das in Köln denn nicht auch?
Ich habe das Gefühl, in Köln alles für mich erreicht zu haben. Seit etwa zwei Jahren stagniere ich hier kreativ und sozial. Es fehlt mir ein Umfeld, wo viel Kunst und Kultur herrscht, wo ich Gedankenanstöße und persönlichen Austausch mit anderen Kreativen haben kann. In Köln bin ich groß geworden, habe meinen großen Freundeskreis. Das ist schön, bringt aber eben auch gewisse Nachteile mit sich: Ich lebe in einer Blase, in der ich mich zwar total wohl fühle — aber in manchen Punkten habe ich Probleme, mich zu entfalten. Das will ich lernen. Ich gehe allerdings nicht wegen der Drum & Bass-Szene nach Berlin, darüber definiere ich mich nur wenig.
Die von dir gegründete Partyreihe D:FRNT habt ihr im Januar mit dem fünften Geburtstag zu Ende gehen lassen. Ähnliche Entscheidungsgründe?
Da haben sehr viele Faktoren mitgespielt. Es wurde immer mehr Arbeit und auch finanziell wie psychisch eine Last für uns. Dadurch erlitt das Kollektiv einige Einbrüche, die sich leider auch zwischenmenschlich bemerkbar machten. Der größte Faktor war die zunehmend fehlende Zeit zwischen Privatleben und Arbeit. Dadurch sind wir zum Entschluss gekommen, die Reihe zu beenden. Zudem war ich in den letzten Jahren nur noch selten selbst auf einer lokalen Party, da ich am Wochenende meist unterwegs bin.
Wie hat sich dein eigenes Leben in den letzten Jahren verändert, seitdem du auf Labels wie 1985 Music von Alix Perez veröffentlichst und regelmäßig für Gigs in anderen Städten gebucht wirst?
Ich habe durch meine Musik so viele Leute kennengelernt, die heute für mich Familie sind. Mittlerweile ist die Musik nur noch zweitrangig, und es geht viel mehr um die zwischenmenschliche Beziehung und Inspiration, welche dann wiederum zu Musik konvertiert. Das hat mich enorm geprägt und motiviert. Persönlich versuche ich gar nicht, nach dem Hypetrain zu schauen. Ich möchte diese Zeit einfach so lange wie möglich erleben und genießen.
Gab es Momente, in denen dir alles etwas zu schnell und viel wurde?
Die Bookingagentur hat mir mittlerweile viel abgenommen und auch eine gewisse Professionalität gesteckt. Im Prinzip ist es ruhiger geworden, aber bei mir im Kopf wird es immer unruhiger, weil eben der Leistungsdruck herrscht. Jeder Gig will abgeliefert werden. Da hab ich schon meine Momente, in denen ich denke: Eigentlich will ich doch nur Musik machen! Aber ich liebe es immer noch. Die Anerkennung, die du bei einem Gig auf verschiedenen Ebenen erlebst, ist eben auch super wichtig. Das füttert mich mit Energie, kann einen teilweise aber verwirren. Ich habe trotzdem noch genug Kapazität, alles vernünftig ein zuordnen — ich bin ja schließlich kein Gigi D’Agostino.
Wie geht es bei dir jetzt weiter?
Vor zwei Jahren habe ich angefangen, Projekte zu starten, die durch alles inspiriert sind, was mich interessiert. Das sind zum einen Mode & Design, aber auch verschiedene Musikstile wie Synthwave, Indie, Rap, Ambient, Electro oder Techno … Nächstes Jahr kommt eines dieser Projekte heraus. Es reißt viele Genres an, soll aber im Endeffekt losgelöst für sich stehen. Mein Ziel ist es, diese Songs durch visuelle Unterstützung noch emotionaler zu gestalten und ein Gesamtkunstwerk zu kreieren. Zur Zeit arbeite ich mit Freunden, die Design und Grafik machen, an einem Musikvideo und Klamotten. Auch musikalisch möchte ich zukünftig mehr mit Leuten zusammenarbeiten, die wirklich komplett andere musikalische Interessen haben. Stile kombinieren, rumnerden oder Synthesizer bedienen. Etwas schaffen! Und wenn es nur ein gutes Gespräch über Gott und die Welt ist...
Findest du das in Köln nicht mehr?
Ich suche generell diesen Austausch. Hier ist es nur limitiert bis gar nicht möglich. Es gibt kaum Leute, die Musik machen, die ähnliche Intentionen haben. Ich hab keinen kennengelernt, mit dem ich wirklich darüber reden kann, was man als Künstler eigentlich will — diese Verwirklichungsgespräche! Musik ist Ausdrucksweise meiner Psyche. Die möchte ich wieder mehr füttern und fordern, ihr neue Reize geben. Das ist das nächste Projekt.