Keine Aerosole, nirgends
Das Hoffnungswort der neuen Spielzeit am Schauspiel Köln liegt im Mund wie ein altes Kaugummi: Aerosolvernebelung. Einige Wochen nach dem Lockdown, als die Schockstarre ein wenig abgeklungen war, pustete erstmals das Berliner Ensemble den Begriff durch seine Kanäle: Sieben sperrige Silben, die optimistisch stimmten, dass man die Lufthoheit über die Bretter, die die Welt bedeuten, doch noch zurückerobern könnte.
In Berlin liefen da bereits die ersten Tests: Ein Vernebelungsgerät, so groß wie ein Ventilator, verteilte Wasserstoffperoxid in der Luft des Großen Saales. Beim Absinken soll die Flüssigverbindung sämtliche im Raum schwebende Bakterien und Viren zu Boden reißen, verspricht der Hersteller BPSUG aus Bayern. Ursprünglich entwickelt hat er das Verfahren für Krankenhäuser, doch auch im Theater scheint die Vernebelungstaktik aufzugehen: Laut den ersten Testergebnissen aus dem Berliner Ensemble können rund 99 Prozent der Viren aus der Luft entfernt werden.
In der kommenden Spielzeit werden dort nun vor und nach jeder Vorstellung die Räume vernebelt, der Theatersaal, das Foyer und die Toiletten. Eine Hygienemaßnahme, zusätzlich zum Mindestabstand zwischen den Stühlen und den Einbahnstraßen am Eingang. Wäre das nicht auch für Köln denkbar? Aus dem Schauspiel heißt es, man werde erst einmal die Ergebnisse aus dem Berliner Pilotprojekt abwarten und, bei allem Optimismus, auch die Entwicklungen bis zum Beginn der Spielzeit im September.
»Bis vor kurzem war noch nicht sicher, ob wir überhaupt spielen können«, sagt Intendant Stefan Bachmann zur Bekanntgabe des neuen Spielplans. Man versuche die Stücke, die ursprünglich geplant waren, zu halten — in teils modifizierter Form und mit Abstand. »Wir fahren weiterhin auf Sicht.« Das dürfte sich auch wirtschaftlich bemerkbar machen: In den nächsten Wochen werden Depot 1 und Depot 2 nie gleichzeitig bespielt. Zudem können gerade einmal ein Viertel der Sitzplätze künftig besetzt werden. Wo vor einigen Monaten ein Saal mit rund 400 Gästen ausgebucht war, ist heute nur noch Platz für etwas mehr als 100. Trotzdem: Die Freude überwiegt. Denn wie Stefan Bachmann sagt: »Es gibt nichts absurderes, als ein Theater, das nicht spielt.«