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Kölner Radverkehrsplänen fehlt die Bodenhaftung

Den Grünen wird gern vorgeworfen, sie seien anfällig für den Lobbyismus bestimmter Milieus. Besonders die »urbane, gebildete Mittelschicht« sei es, die in den Grünen ihren ureigenen Ausdruck finde und von daher zuerst von ihrer Politik profitiere. Mit ihrem neuesten Plan verschaffen die Kölner Grünen aber einer Gruppe erhöhte Aufmerksamkeit, die sie selbst vermutlich nicht auf dem Schirm hatten: dem Verein für deutsche Schäferhunde.

Genau dort, vor den Toren der Ortsgruppe Köln-Weidenpesch des oben genannten Vereins, werden nach dem Willen der Grünen nämlich demnächst massenhaft Radfahrende ankommen. Die Partei hat eine Planung für einen Radschnellweg von der Escher Straße bis zum Niehler Ei auf dem Weg gebracht. Das ist eine gute Idee. Bislang wurden dort große Flächen freigehalten, um eine Umgehungsstraße zu bauen. Aber das ist zugleich das Problem. Denn die Streckenführung ist für Autos gedacht, die dann auf den Kreisverkehr des Niehler Eis fahren. Für Radfahrende geht es nicht weiter — die Gleise der KVB und die HGK-Trasse sind im Weg. Sie müssen einen Umweg nehmen oder können neue, vierbeinige Freunde beim Schäferhundeverein finden.Das wäre alles nicht so tragisch, wenn es nicht als bahnbrechender Beschluss verkauft würde. Tatsächlich ist schon seit 18 Jahren bekannt, dass die Umgehungsstraße nicht mehr nötig ist. Da ist also Zeit verschenkt worden. Beim Radverkehr in Köln hat so etwas System. Kleinste Maßnahmen werden beworben, als würden sie alleine die Verkehrswende herbeiführen: Ein Rechtsabbiegepfeil wird vom Leiter des Verkehrsamts eingeweiht, ein bißchen Asphalt auf der Wiese unter der Nippeser Hochbahn als »Stärkung des Rad- und Fußverkehrs«. Und irgendwann steht dann doch wieder ein Pfahl mitten auf dem Radweg.

Das alles hat etwas Stalinistisches, aber nicht in dem Sinne wie es rechtsdrehende Internetnutzer*innen meinen, die »totalitäre Ökodiktatur« in die Kommentarspalte hacken. Sondern, weil die Außenwirkung eines Projektes wichtiger zu sein scheint als die Durchführung. Und klar, sich über hyperbolische Presseerklärungen lustig zu machen, ist unterhaltsam. Aber auf einem Feldweg im Nirgendwo auf einmal nicht mehr weiterzukommen und von deutschen Schäferhunden angebellt zu werden, nur bedingt.