Das halbvolle Glas
Normalerweise gehört der Spätwinter in der Bundesstadt Bonn der Videonale. Alle zwei Jahre präsentiert das Festival ein Wochenende (und als Ausstellung sogar mehr als einen Monat) einen Einblick in aktuelle Positionen der Video-Kunst. Aber wo sonst die ersten Tage den Künstler*innen und dem Wettbewerb der Videonale gehören, daneben noch an verschiedenen Orten in der Stadt Performances, Konzerte und natürlich auch eine Party stattfinden, kommt man nun im digitalen Raum zusammen.
»Es wird mehrere Diskussionspanels geben und auch eine Lecture Performance, die man dann live über unsere Seite streamen kann«, so Lisa Bosbach, die sich sonst zu diesem Zeitpunkt um das Besucherprogramm kümmern würde. Dieses Jahr eben nicht. Das muss aber kein Manko sein: »Durch die Streaming-Technologie können wir Panels zustande bringen, die wir sonst auf Grund der Reisekosten nicht realisieren könnten.« Ohne die physische Anwesenheitspflicht können nun Experten aus allen Erdteilen diskutieren. Auch Festivalleiterin Tasja Langenbach möchte den unglücklichen Umständen etwas Positives abgewinnen: Man plane bei sogenannten Walks durch die — sonst durchaus bestimmende — Ausstellungsarchitektur dem Publikum die 31 Videoarbeiten, die es aus 1900 Einsendungen in den Wettbewerb geschafft haben, näher zu bringen. Ein Großteil der Arbeiten wird auch via Online-Plattform zu sehen sein. Langenbach: »Wenn man so will, haben wir nun die Möglichkeit, ein ganz neues Publikum zu erreichen. Statt an den Standort Bonn gebunden zu sein, können wir die Videoarbeiten diesmal überall zeigen.« Dafür hat sich das Videonale-Team Expertise von befreundeten Festivals und Kunstorten geholt.
Dennoch ist man untröstlich, dass das Festival nicht in bekannter Form ablaufen kann. Auf die Ausstellung im Kunstmuseum Bonn und das ganze Programm hat das Team immerhin zwei Jahre hingearbeitet. Während die Videonale sonst 8.000 Austellungsbesucher zählt sowie viele weitere Gäste der (Gratis-)Veranstaltungen, bleibt es voraussichtlich leer dieses Jahr. Ein Anblick, an den man sich leider langsam gewöhnt.