Lutscher des Anstoßes: Rund ein Drittel der Kölner Schulen will den Lolli nicht

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Corona-Schnelltests sind nicht sicher. In Kölner Kitas und Schulen ist ein Lolli die Alternative

Sie heißen zwar Lolli-Tests. Doch die Wattestäbchen, an denen die Kita- und Schulkinder in Köln zweimal in der Woche nuckeln, schmecken nach nichts. Dafür lösen diese neuen Corona-Tests gleich mehrere Probleme.

Die an der Kölner Uniklinik entwickelte Methode funktioniert so: Kinder und Erzieher*innen oder Lehrer*innen bewegen die farblosen Wattestäbchen morgens 30 Sekunden lang im Mund, anschließend werden sie gruppenweise gesammelt. In einem Labor wird dieser Pool später mit einem PCR-Test auf Corona-Viren untersucht. Ist der Test positiv, bleibt die betroffene Gruppe am nächsten Tag zuhause. Ein zweiter »Lolli« wird ausgewertet, diesmal personenbezogen, um die Infizierten zu ermitteln. Die Kölner Kinder gehörten zu den bundesweit ersten Anwender*innen.

Für sie ist der Test nicht nur wesentlich angenehmer als die im Handel erhältlichen Selbsttests. Er ist auch zuverlässiger, weil er Infektionen in einem früheren Stadium entdeckt. Das wiegt das längere Warten auf das Ergebnis auf, das frühestens nachmittags mitgeteilt wird. Die Stadt weitete das freiwillige Angebot nach einer Pilotphase im März auf alle Kitas und Schulen aus und stellte 4,85 Millionen Euro aus dem Haushalt bereit.

In der ersten Woche unter Volllast untersuchten die Labore 3358 Proben aus 665 Kitas. Sie wurden in 24 Fällen fündig, teilte die Stadt mit. Häufig hatten die Kinder keine Symptome. »Sie wären gar nicht entdeckt worden«, sagt Professor Gerd Fätkenheuer, Infektiologe an der Uniklinik. Der Kölner Schuldezernent Robert Voigtsberger (SPD) hofft auf »einen weiteren gezielten Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehens«, und mit Lehrer*innen und Eltern auf einen sicheren Schulalltag. Vorerst bis Ende Mai können die Tests in Anspruch genommen werden. Doch die Schulen hatten nach den Osterferien andere Sorgen. Stand 16. April lehnten 70 der rund 250 Schulen zunächst ab.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte nämlich unterdessen angekündigt, für den Präsenzunterricht, ursprünglich nach den Osterferien geplant, dann um eine Woche verschoben, sei ein Selbsttest verpflichtend. Für die Lehrer*innen bedeutete der Lolli-Test deshalb zusätzlichen Aufwand. Die standen ohnehin vor der Herausforderung, den Ablauf der Selbsttests zu organisieren. Manche Schulen entschieden sich für Tests auf dem Schulhof, aber ohne Kontakt der Klassen untereinander. Andere testeten in den Klassenräumen, hielten die Schüler*innen dazu an, die Maske nur kurz unter die Nase zu ziehen. Haltevorrichtungen aus Wäscheklammern oder Legosteinen wurden entwickelt. Die 15 Minuten Wartezeit, bis das Testergebnis ablesbar ist, sind trotzdem für niemanden angenehm. Einen Test zuhause, wie von der Opposition im Landtag gefordert, lehnte das Land ab.

Gegen die Umsetzung der Teststrategie richtet sich auch die Kritik der Eltern. Neben dem Hin und Her zwischen Präsenz- und Distanzunterricht wirbeln nun die Tests den Schulalltag durcheinander. »Das sorgt für noch mehr Unruhe«, sagt Nathalie Binz. Sie ist in der Kölner Stadtschulpflegschaft für die Grundschulen zuständig. Die ersten 30 Minuten seien die Klassen mit den Tests beschäftigt, mindestens. Für die Eltern seien viele Fragen ungeklärt. Neben allgemeinen Sorgen treibt die meisten um, was mit ihrem Kind passiert, wenn sein Test positiv ist. Binz spricht von Stigmatisierung. Eine äußerst unangenehme Erfahrung seien die Tests auf jeden Fall.

Die Lolli-Tests würden auch dieses Problem lösen. Warum sie nicht statt der Selbsttests eingesetzt werden können, ist unklar. Das Angebot sei ergänzend, teilt die Stadt mit. Aus dem Ministerium heißt es, es werde geprüft, ob die Pooltests in der Primarstufe einen der Selbsttests ersetzen könnten. Angesichts der steigenden Inzidenzwerte in Köln, insbesondere bei Kindern, zeichnet sich aber ohnehin ab, dass bald wieder ausschließlich zuhause gelernt wird — vielleicht verschafft das die nötige Zeit, um die Prüfung abzuschließen.