Planschen fürs Klima
Die Saison ist eröffnet! Nein, nicht die Fußballsaison, die ohnehin früher beginnt, als es sich mancher FC-Fan wünschen mag. Besser noch: die Brunnensaison! »Kölns Brunnen sprudeln wieder«, meldete die Stadt Köln Anfang Juni. In der Nähe des Doms wurden zunächst Taubenbrunnen, Domfontäne und Petrusbrunnen ans Netz genommen, auf dem Alter Markt der Heinzelmännchenbrunnen. Weitere folgten. »Es hat noch nie so viel Freude gemacht, die Brunnensaison zu eröffnen«, frohlockte Manfred Kaune, Leiter des Amts für Landschaftspflege und Grünflächen. Die sprudelnden Brunnen seien »ein wunderschönes Symbol für Leben, Bewegung und Spaß«.
Längst sind Brunnen in Städten auch Symbol für etwas anderes: die Last des Klimawandels. Wenn allsommerlich Hitzewellen über Städte rollen. Wenn sich in versiegelten Stadtzentren Wärmeinseln bilden. Wenn die gefühlten Temperaturen die tatsächlichen übertreffen, weil dichte Bebauung die Frischluftschneisen versperrt. Dann hat ein bisschen kühles Nass die Anziehungskraft einer Wüstenoase.
Die Funktion von Brunnen und Wasserstellen in Städte hat sich verändert. Einst Orte zum Trinken und Waschen, waren sie später Prunkbauten. Auch in Köln stehen viele unter Denkmalschutz. Doch ihre Deko-Funktion sind die 66 öffentlichen Brunnen, die in Köln derzeit betrieben werden, mittlerweile weitgehend los. Stattdessen ist die resiliente Stadt, die dem Klimawandel die Stirn bieten will, auf Wasserplätze angewiesen. Sie machen das Klima in ihrer direkten Umgebung erträglicher — indem sie Kälte abstrahlen und ihr Wasser verdunstet. Der Deutsche Städtetag benennt öffentliche Wasserplätze als eine der Maßnahmen der urbanen Klimaanpassung. Neben Zierbrunnen zählen dazu auch Wasserspielplätze oder Trinkwasserbrunnen. Bei Letzteren machte Köln jüngst zaghafte Fortschritte: Seit vergangenem Sommer sind zwölf Trinkwasserbrunnen aktiv, die Zapfstellen verteilen sich auf alle Stadtbezirke. Und im Inneren Grüngürtel wurde im Juni ein Wasserspielplatz wieder in Betrieb genommen. Der begehbare Brunnen wurde Ende der 60er Jahre eröffnet und 2008 trockengelegt. Der Stadt war die Sanierung zu teuer.
In Köln ist das Blau auch deshalb so bedeutend, weil es beim Grün hapert. Kölns Baumbilanz ist negativ: Die Stadt kommt mit Ersatzpflanzungen von Bäumen, die wegen Trockenheit und Krankheiten gefällt werden müssen, nicht hinterher. Zumal Jungbäume weit weniger leistungsfähig sind. Neupflanzungen von Bäumen, die es an derselben oder einer anderen Stelle nicht vorher schon gab, sind ohnehin eine Rarität. Wer eine Abkühlung braucht, findet in der Innenstadt bisweilen schneller einen Brunnen als einen Baum.
So wäre es nur konsequent, wenn die Brunnen, in der Stadtverwaltung bisher dem Thema Bauen und Stadtentwicklung zugehörig, als Klimafunktionsbauten dem neu geschaffenen Dezernat für Umwelt und Klima zugeschlagen würden. Dass die Stadt die Brunnensaison jetzt vorsorglich bis November verlängert, darf man ohnehin getrost als Reaktion auf den Klimawandel verstehen.