Rhein und Tisch machen
Ein Interview in der Mai-Ausgabe der Stadtrevue war der Auslöser: Jörg Beste, Geschäftsführer des Architektur Forum Rheinland (AFR), sprach sich darin für mehr gastronomische Angebote entlang des Rheins aus: niederschwellig, temporär und ohne viel Aufwand. Warum gibt es das in Köln kaum? Darüber kamen nun auf Initiative von Beste Vertreterinnen und Vertreter von Stadtverwaltung, Gastronomie und Stadtrevue ins Gespräch. Zunächst lud Beste Anfang Oktober zur Radtour entlang des rechtsrheinischen Ufers. Mit dabei auch Gastronom Till Riekenbrauk von der IG Kölner Gastro sowie Jutta Schiweck-Nitsche, Leiterin des städtischen Gastro-Services im Ordnungsamt und dort Ansprechpartnerin für Gastwirte.
Zu den Stationen der Tour gehörten unter anderem die Deutzer Werft mit einem weitgehend ungenutzten Gebäude und einem Parkplatz an der höher gelegenen Siegburger Straße. Ein paar hundert Meter weiter, dann an der Hohenzollernbrücke wiederum ein Parkplatz, direkt an der Uferpromenade. »Wir können schon mal festhalten: Für Blech ist in Köln immer Platz«, so Jörg Beste. »Man kann wunderbar sein Auto in der Abendsonne mit Rheinblick parken.« Auch der Festplatz in Mülheim, eine weitere Station der Radtour, dient meist als Parkplatz. Nimmt man auf den Bänken Platz, guckt man auf Autos — dahinter der Rhein.
Gastronom Till Riekenbrauk, der das Brauhaus Johann Schäfer an der Elsaßstraße in der Südstadt und dessen Biergarten im Rheinauhafen betreibt, sagt: »Das ist völlig absurd. Diese Stellen sind Kleinode! Man braucht keine Phantasie, um sie sich als wunderschöne Außengastronomie vorzustellen.«
Beste betonte, dass es nicht um neue Gebäude gehe, die auch eine jahrelange Planung nötig machen würden. »Es geht um kleine Interventionen mit großer Wirkung, kleine Biergärten oder ein mobiles Kiosk. Wir brauchen eine neue Planungsphilosophie, den Mut, mal etwas auszuprobieren. Andere Städte sind da kreativer«, so der Architekt und Stadtplaner. Dann böte sich zudem die Möglichkeit, dass auch andere Stadtteile am Rhein attraktiv würden und sich nicht alles auf die Innenstadt konzentriere.
Den Abschluss der Tour bildete die Schlackenbergwerft am Stammheimer Ufer, eine ehemalige Hafenanlage auf Rundbögen. Das AFR hatte hier Biergartenmöbel aufgestellt, um zu zeigen, was möglich wäre — und wie wenig es dafür braucht.
Till Riekenbrauk sagt: »Wo es schon Strom und einen Anschluss für Wasser und Abwasser gibt, können wir eigentlich recht schnell loslegen.« Auch er denkt an einfache Gastronomie, temporäre Biergärten oder Tische und Bänke vor ein, zwei Streetfood-Trucks — nichts für die Ewigkeit, sondern nach Bedarf.
Jörg Beste erklärt, es gehe nicht darum, öffentlichen Raum zu kommerzialisieren oder Gastronomen neue Verdienstmöglichkeiten zu schaffen. »Der Rhein hat einen hohen Wert für die Lebensqualität in dieser Stadt. Es heißt zwar ›Köln am Rhein‹, aber bei den Nutzungspotenzialen wird diese Verbindung viel zu wenig gelebt.«
Anderntags veranstaltete das Haus der Architektur Köln (hdak) mit dem AFR eine Online-Diskussion zum Thema. Wieder nahmen auch Till Riekenbrauk und Jutta Schiweck-Nitsche teil. Zwar gebe es viele Verordnungen zu beachten, so Schiweck-Nitsche, und ihre Stelle könne nicht von sich aus Vorschläge unterbreiten, sondern sei auf Anträge und Ideen von Gastronomen angewiesen. Gleichwohl wolle sie die Ideen der beiden Tage in die Verwaltung tragen.
Den Grund, dass das so selten geschieht und Potenziale am Rhein nicht oder bloß für Autos genutzt werden, sehen Beste und Riekenbrauk nicht beim Gastro-Service der Stadt. Sie nehmen die Gastrokümmerin und ihr Team in Schutz. »Das Problem ist nicht der Gastro-Service, die sind positiv gestimmt und engagiert, sondern dass so viele Ämter involviert sind, wenn Gastronomie entstehen soll«, sagt Riekenbrauk. »Man bekommt als Gastronom den Eindruck, es gibt ein Wettbieten, welches Amt die meisten Auflagen aufzubieten hat.« Teils fehlt in anderen Teilen der Stadtverwaltung aber offenbar doch auch Engagement: Ende 2013 erteilte der Stadtentwicklungsausschuss der Verwaltung den Auftrag, »zu prüfen, inwieweit durch die Erweiterung des gastronomischen Angebots die Attraktivität beider Rheinufer gesteigert werden kann«. Bis heute ist das nicht geschehen.
Jörg Beste vom AFR zeigt sich dennoch zuversichtlich. »Wir konnten an den beiden Tagen die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass es in der Verwaltung möglich wird, nicht nur antragsbezogen zu arbeiten, sondern aktiv die Potenziale zu nutzen und damit auch Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen.« Beste fordert, dass der Auftrag aus dem Jahr 2013 von der Politik erneuert und dann auch von der Verwaltung umgesetzt wird. Dass man sich beim Gastro-Service für die Idee nun zwei Abende Zeit genommen hat, sei ein gutes Zeichen, sagt Beste.