Don’t say his name: Robert Aiki Aubrey Lowes »Candyman«

Skizzen der Intensität

Robert Aiki Aubrey Lowe ist als Soundtrack-Komponist unterwegs zu neuen Narrativen

Der britische Musiker, Kurator und Komponist Robert Aiki Aubrey Lowe lässt sich nicht auf eine Rolle reduzieren. Was die Textur seiner Musik angeht, zeigt er sich wenig am bereits Erreichten interessiert als viel mehr an Erkundungen. Als ich ihn zuletzt 2017 beim Atonal Festival in Berlin im Ohm sah, tropfte es nicht nur deswegen von der Decke, weil sich die Menschen im kleinen Schwesterclub des Tresors stapelten. Das warm-pulsierende Set von Aubrey Lowe ließ einen trotz Enge kaum still stehen.

Sein neues Album »Candyman« ist von Tanzmusik meilenweit entfernt. Die Musik entstand zu Nia Da Costas gleichnamigem rassismuskritischen Horror-Movie. Lowes Soundtrack, der passenderweise schon mit Jóhann Jóhannsson und Hildur Guðnadóttir kooperiert hat — die ebenfalls den künstlerischen Weg von Elektronikproduzenten hin zur Arbeit an Soundnarrativen für Filme gegangen sind —, zeugt von seiner großen Fähigkeit, die unterschiedlichen Bilder und ­Szenen zu lesen. Er selbst spricht davon, dass der Score ein weiterer Charakter im Film sei und sich sets direkt zu den Protagonist:innen zu verhalten habe.

Und so tragen die insgesamt 34 Stücke auf »Candyman«, die zwischen 40 Sekunden und sieben Minuten dauern, im Stücktitel immer die klanglichen Anforderungen: »Brianna Finds Bodies«, »The Story of Daniel Robitaille« oder auch »The End Of The Kids«. Da Robert Aiki Aubrey Lowe in seinen Kompositionen gerne mit Wiederholungen arbeitet, fallen die ästhetischen Unterschiede zwischen den skizzenartig kurzen Stücken und den gedehnten Formaten nicht wirklich ins Gewicht. Letztere winden sich allerdings noch tiefer hinein in unsere Gefühlswelten.

Die klangliche Dunkelheit ist von faszinierender Vielfältigkeit. Ganz so wie es in der Sprache der Eskimos 421 Wörter für Schnee gibt, gelingt es Lowe in den dunklen Abgründen seiner Klanglandschaften immer neue Nuancen anzulegen, in dem er menschliche Stimmen in furchteinflössende Soundscapes tranformiert und mit verstörenden Field Recordings verwebt. Kein Albtraum ist wie der andere. Man spürt, dass er sich intensiv mit der Kurzgeschichte von Clive Barker auseinandergesetzt hat, auf der DaCostas Film basiert. Am Ende der 34 Stücke ist man schweißgebadet — und das ohne den Film dazu gesehen zu haben.

Tonträger: Robert Aiki Aubrey Lowe, »Candyman« (Waxwork Records)