No show mustn’t go on
Mit der Pandemie und der durch sie angetriebenen Digitalisierung in der Gastronomie ist es üblich geworden, in Restaurants fast immer zu reservieren. Denn der Andrang ist groß — trotz Lieferdiensten, trotz to go, trotz höherer Preise. Der Restaurantbesuch ist für viele Großstädter alltäglich geworden. Wohl auch, weil es immer mehr Ein-Personen-Haushalte gibt. Geselligkeit findet überwiegend in der Öffentlichkeit statt.
Gastronomen kann das recht sein. Aber sie haben ein neues Problem: no show — trotz Reservierung erscheinen Gäste nicht. Sie reservieren in mehreren Restaurants, um sich dann spontan zu entscheiden. In Köln kursieren unter Gastwirten Namen von Prominenten, die in der Hinsicht berüchtigt sind. Aber auch andere halten sich alle Optionen offen. Für gute Restaurants ist das ein finanzielles Desaster, die Vorbereitungen und der Einkauf waren womöglich umsonst. Was können Restaurantbetreiber dagegen tun? Stornierungskosten in den AGBs festlegen — aber das schreckt auch manchen ab, überhaupt zu reservieren. Viele Fragen ergeben sich: Muss ein ärztliches Attest einreichen, wer Halsweh hat? Darf dann die ganze Gesellschaft absagen? Oder müssen die anderen trotzdem kommen? Selbst wenn der Jubilar ausfällt? Ob Regelungen dazu juristisch haltbar sind, ist das eine. Ob man damit Stammgäste konfrontieren will, das andere.
Letztlich können Bemühungen, sich gegen no show abzusichern, nur ein Appell an den Anstand sein: dass man Zusagen einhält, sich nicht bis zuletzt alle Möglichkeiten offenhält. Manchmal hört man, das entspreche dem Zeitgeist. Mag sein, aber es ist doch auch selbstverständlich, Eintrittskarten für Konzerte oder Sportveranstaltungen vorher zu kaufen — weshalb nicht für den Besuch eines Restaurants? Das mag nicht dem urbanen Lebensgefühl entsprechen. Doch wenn es weiterhin gute Restaurants geben soll — auch jetzt, wo die Lebensmittelpreise enorm steigen — wird das zu verkraften sein.