Was schlüpft denn da? Siiri Solalinna

Hatching

Hanna Bergholms Debüt findet ungewöhnliche Bilder für das Grauen des Erwachsenwerdens

Wenn man Spielbergs »E.T. — Der Außerirdische«, den Ballettalbtraum »Black Swan« und das deutsche Horrordrama »Der Nachtmahr« kreuzen würde, käme vermutlich so etwas wie die finnisch-schwedische Koproduktion »Hatching« heraus, die im Januar bei ihrer Weltpremiere auf dem Sundance Film Festival für Auf­sehen gesorgt hat.

Spielfilmde­bütantin Hanna Bergholm erzählt darin von der zwölfjährigen Tinja, die nachts im Wald ein Ei findet, das sie mit nach Hause nimmt und in ihrem Zimmer versteckt. Mit der Zeit wird es immer größer. Und schließlich entschlüpft ihm eine merkwürdige Kreatur, die fortan Tinjas Nähe sucht. Zu schaffen macht der jungen Turnerin zudem ein anstehender Wettbewerb, für den ihre Trainerin nur noch einen Platz zu vergeben hat. Mit einer neuen Nachbarin steht allerdings eine äußerst ­talentierte Konkurrentin bereit.

»Hatching« arbeitet mit Motiven und Stilmitteln des Horror- und Monsterkinos. Gewalt-Eruptionen finden aber außerhalb des Bildes statt. Unheimlicher als die offene Gruselkomponente ist ­ohnehin das von Tinjas Mutter beschworene Heile-Welt-Bild, das gleich in der Eröffnungssequenz gezeichnet wird. Ganz authentische Momente einer finnischen Durchschnittsfamilie wolle sie zeigen, sagt die professionelle Bloggerin an einer Stelle. Was in einem Video zu Beginn gezeigt wird, ist jedoch eine auf Perfektion getrimmte Inszenierung. Ironischerweise bricht in die pastellfarbene Idylle ein Vogel ein, der das Wohnzimmer verwüstet. Ein Vorbote der dunklen Kräfte, die sich mit dem aus dem Ei hervorplatzenden Wesen ausbreiten.

Das Geschöpf selbst, das seine Form weiter verändern wird, ­verkörpert die Ängste, die unterdrückten Gefühle der Protagonistin. Schwer lasten die Erwartungen ihrer Mutter auf der Heran­wachs­enden, die unbedingt die Rolle der tadellosen Tochter ausfüllen will. Und groß ist der Schock, als Tinja ein gut gehütetes Geheimnis ihrer Mama erfährt. Der Blick hinter die schöne Fassade erzeugt eine unbehagliche Stimmung. Immer wieder findet der Film ­ungewöhnliche Bilder für das Grauen des Erwachsenwerdens. Am Ende lässt »Hatching« den ­üblichen Rahmen des Coming-­­of-Age-Horrors allerdings nur ­selten hinter sich.

(Pahanhautoja) FIN/SW 2022, R: Hanna Bergholm, D: Siiri Solalinna, Sophia Heikkilä, Jani Volanen, 90 Min. Start: 28.7.