Sebastian Ingenhoff
Kölner:innen mit einer Affinität zu nächtlichen Expeditionen durch die Stadt kennen Ingenhoff als eine Hälfte des Pop-House-Duos Camp, das er zusammen mit Roland Kaiser Wilhelm unterhält, und regelmäßigen DJ in den einschlägigen Bars und Clubs. Die Frequenz seiner Auftritte ist derzeit nicht mehr so hoch wie noch vor einigen Jahren, ist er doch derzeit eingespannt als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bonn: Ingenhoff ist Medienwissenschaftler. Außerdem pausiert Camp, seit Co-Camper RKW nach Berlin umgesiedelt ist. Aber zuvorderst liegt es an seiner Konzentration auf eigene literarischen Ambitionen: Ingenhoff veröffentlichte 2021 mit »Ghosting« (Ventil Verlag) einen vielbeachteten Roman, der sich um eine fiktive R&B-Sängerin dreht. »Beim Schreiben kann ich keine Musik hören«, sagt er, »da brauche ich Ruhe, um mich konzentrieren zu können. Aber ich sauge natürlich viel Musik auf, das wird immer einen Einfluss auf meine literarische Produktion haben.«
Nach wie vor legt Sebastian Ingenhoff mit seinen Baumusik-Mitstreiter:innen Minjung Cho, Jakob Weiss oder Diana Jones auf. Mit letzterer zuletzt auf der Drehabschlussparty des neuen Films von Tilman Singer — besonders aufregend, weil die Euphoria-Schauspieler:in Hunter Schafer im Film mitspielt. »Hunter hat auch die ganze Zeit getanzt«, erinnert er sich merklich glücklich, »irgendwann stand sie vor uns am DJ-Booth und meinte bloß: You guys are killing it!«
Am Schönsten sind für ihn die Gigs im Acephale, da der Laden seine Homebase ist, in der sich immer viele Freund:innen einfinden. Dort gebe es keine Erwartungen, sondern »alle Freiheiten«: »Im Acephale geht alles von Polyrhythmik, Krautrock und Post-Punk über Juke/Footwork bis hin zu bouncy House und cheesy Italo-Disco. Abgesehen davon gibt es hier ein großartiges und sehr diverses Konzert-Booking. Dazu die beste Crew und Dance-Crowd, die man sich wünschen kann.«
Auf die abschließende Frage, warum er auflegt, antwortet Sebastian sehr direkt: »Weil es wahnsinnig Bock macht, Leute zum Tanzen zu bringen.«
1 Byrell The Great, »pocket«
New Yorker Ballroom Culture erlebt nicht erst seit dem Erfolg der Serie »Pose« wieder ein wahnsinniges Revival. Auch musikalisch hat sich die Szene revitalisiert, es gibt viel neue aufregende und bouncige Musik zwischen House, Juke, Footwork und sonstigen Breaks, oft garniert mit Trap- oder R&B-Samples. Byrell The Great ist auf jeden Fall einer der spannendsten Produzenten aus diesem Umfeld. Pure High Energy!
2 DJ loveshy, »I am high as hell (I only took half a pill)«
Ähnlicher Vibe wie Byrell, auch wenn DJ loveshy offenbar aus Brighton stammt. Der Track ist ein simpler, aber durchweg funktionaler Ghetto-House-Breakbeat Edit von Nikki Minajs Booty-Shaker »Anaconda« und bringt wirklich jeden Arsch in Bewegung. Selbst DJ Funk hätte den nicht besser hinbekommen. Kann man auch sehr gut mit alten Dance Mania-Classics mixen.
3 Tzusing & Hodge »LCD«
Tzsuing stammt aus dem Umfeld des SVBKVLT-Labels aus Shanghai, wo es überhaupt eine sehr experimentelle und futuristische Elektronikszene gibt. Auch von anderen Labelartists wie 33EMYBW oder Slikback bin ich großer Fan. Tzusing hat vor ein paar Jahren auch mal eine sehr tolle EP für das New Yorker Label L.I.E.S gemacht, aber dieser Track mit Hodge ist noch einmal auf einem völlig anderen Level. Superheavy Bassline und ratternde Percussions wie aus einem Paralleluniversum.
4 Sophie »BIPP (Autechre Remix)«
Mit Sophie ist im letzten Jahr eine der wichtigsten Künstlerinnen unserer Zeit verstorben. Seitdem sind einige Remixe und previously unreleased tracks von ihr erschienen. Den Autechre-Mix von BIPP spiele ich oft als Closing Track. Beim letzten Mal wurde auf dem Dancefloor mitgesungen und geheult, unter anderem von mir. Unfassbarer Song — minimalistisch, funky und hochemotional.
5 Aaron Carl »Down«
Ein Alltime-Fave muss natürlich auch rein. »Down« von Aaron Carl war in den Nullerjahren auf einer Mix-CD von Acid Maria, die ich mir gekauft habe und die mich in meinen ersten Gehversuchen als DJ sehr geprägt hat. Den Track spiele ich gerade wieder sehr gerne. Hightech-Funk aus dem queeren Detroiter Techno-Underground und extrem gut gealtert.