Klare Kante und pudrige Transparenz
Louis Mason hält das Vergrößerungsglas ganz nah an das Gewebe. Mit einem fast mikroskopischen Blick prüft der 1989 in Bergisch Gladbach geborene Künstler die unterschiedlichen Stärken der naturbelassenen Baumwollstoffe, die in zusammengefalteten Bahnen auf dem Ateliertisch liegen. Die Dichte der Fasern, der Grad der Durchlässigkeit des textilen Materials ist entscheidend für seine Werke. Der ausgebildete Bildhauer, der in Münster und Dublin studiert hat, erkundet die Möglichkeiten der Malerei in spannungsvoller Wechselwirkung zwischen Oberfläche und Hintergrund, Licht und Schatten, Zufall und Kontrolle in einem zeitintensiven Prozess. In seinen reduzierten Gemälden dominiert die Leere, die durch wenige meist horizontale und vertikale Gliederungselemente durchbrochen wird. Ausgangspunkt für Masons Formfindungen sind die Keilrahmenverbindungen, das Gerüst des Gemäldes.
»Weil Malerei ein Handwerk ist, scheint es mir ein ehrlicher Gestus zu sein, wenn ich zeige, was hinter dem Bild ist««, sagt der Künstler, der die Malerei als »intellektuelles Handwerk« begreift und sie zum Thema seiner sorgfältig austarierten Kompositionen macht. Zwar bildet er die elementaren Bestandteile des Bildträgers ab, variiert sie jedoch und räumt ihnen als selbständige, wiederkehrende Motive auf der Darstellungsebene einen Eigenwert ein.
Mason schleift das aufgespannte Tuch zunächst über den Atelierboden, die schwach anhaftenden Schmutzspuren sind erste Entscheidungshilfen. »Es ist wie das Navigieren auf hoher See. Während man sich auf dem Schiff an den Sternen orientiert, so orientiere ich mich an den Fixpunkten, die durch den Keilrahmen und die Spuren vorgegeben sind.« Auch bei der Auswahl der Farben folgt Mason einer klaren Festlegung. Schon immer interessierten ihn die »uninteressanten Farben«, das blasse Spektrum pudrig pastelliger Hauttöne.
Mit äußerst subtilen malerischen Eingriffen — meist mit Autolack, Acrylspray und Filzstiften, aber auch mit einem Gemisch aus Zigarettenasche und Wasser vorgenommen — erzielt er Effekte von Transparenz und Tiefe. Im Zusammenspiel mit dem ungrundierten Stoff, der manchmal wie hauchdünne Gaze wirkt, changieren die aufgetragenen Schichten zwischen matt und glänzend, lasierend und deckend. Zart schimmernde Reflexe treten wie flüchtige Impressionen für einen Moment an die Oberfläche, um sogleich von der lichten Offenheit des Bildraums absorbiert zu werden.
Louis Mason in: »24h — In collaboration with SuperSuperMarkt«, Braunsfelder, Geisselstr. 84–86. Besuch nach vorheriger Anmeldung, bis 5.11.
louismason.com; @louis_mason_deu