»Wir wollen Teil der Lösung sein«
Frau Block, die IG Gastro möchte mit einem »Green Gastro Guide« die Gastronomie nachhaltiger machen. Wollen Sie Heizpilze, Avocados und Take-away-Verpackungen verbieten?
Nein, aber wir möchten ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit schaffen. Um Gastronomie zu betreiben, verbrauchen wir unheimlich viele Ressourcen. Sei es beim Abfall oder der Energie. Es geht darum, sich als Gastronom zu fragen, was man daran ändern kann, ohne seinem Geschäft zu schaden. Wir wollen auch in zehn, 20 Jahren noch erfolgreiche Gastros betreiben. Die Grundlage dafür können wir selbst schaffen. Gastronomie ist wandelbar, flexibel und zukunftsgerichtet. Das wollen wir positiv nutzen. Oft ist Nachhaltigkeit nur ein PR-Schlagwort. Greenwashing findet man in unserer Branche eher nicht. Viele Gastronomen arbeiten schon heute nachhaltig — und erzählen es nicht mal. Man muss die Leute eher ermuntern, das zu kommunizieren und für sich zu nutzen.
Was sind konkrete Empfehlungen aus dem Guide?
Kleinigkeiten können einen Unterschied machen. Bewegungsmelder im Kühlhaus, regelmäßiges Prüfen von Dichtungen, das Toiletten- und Hygienesystem. Wenn jede Gastronomie LED verwendet, wird man das bei der Rheinenergie am ganz großen Zähler ablesen können. Natürlich kann man auch größer denken: Wir haben etwa das Best-practice-Beispiel einer Brauerei, die eine Wärmerückgewinnung für das angeschlossene Brauhaus und Hotel liefert.
Jeder tut also, was er kann.
Unsere Branche ist heterogen. Betriebe haben sehr unterschiedliche Möglichkeiten. Von der Eckkneipe, wo der Wirt von den Einnahmen des Abends am nächsten Morgen im Handelshof einkaufen geht, bis hin zur riesigen Kette mit Millionenumsätzen. Wir haben bei dem Guide darauf verzichtet, den Zeigefinger zu heben. Wir wollen niemanden beschämen, sondern Gastronomen ermutigen und ins Handeln bringen. Jeder hat andere Kapazitäten. Und niemand muss einen Abschluss machen in Wasserwirtschaft. Man kann auch Maßnahmen umsetzen, ohne das groß zu hinterfragen. Ein zusätzlicher Antrieb ist, dass vieles einen wirtschaftlichen Impact hat. Wer Ressourcen spart, spart Geld.
Ist die Zeit günstig?
Absolut! Der Moment, Leute über diesen Anreiz ins Boot zu holen, ist optimal. Das wird ein Schlüssel für den Erfolg.
Einige Maßnahmen sind naheliegend. Welche Tipps sind eher überraschend?
Das sind vor allem angrenzende Bereiche, die man mit Nachhaltigkeit in Gastronomie erst mal nicht in Verbindung bringt. Mit Smart Gastro kann man viel einsparen, vor allem machen digitalisierte Prozesse Handlungen in der Gastronomie messbar. Das motiviert, in ein nachhaltiges Handeln zu kommen. Kommunikation ist wiederum wichtig, um ein Nachhaltigkeitsbewusstsein in der gesamten Branche zu schaffen. Wenn jeder Betrieb aufzeigt, was er bereits umsetzt, macht man das Thema nahbarer und schafft eine Stimmung des Handelns: Wenn Café A das kann und davon erzählt, dann glaubt Café B, dass es das auch kann. Wir wollen ein Green Gastro Movement erzeugen, in der die Community Ideen einbringt und sich austauscht — ein Projekt, das in den kommenden Jahren in Bewegung bleibt und sich weiterentwickelt.
Schafft sich eine Gastronomie Fallhöhe, wenn sie sich ein Nachhaltigkeits-Label gibt?
Natürlich wird es Menschen geben, die das Haar in der Suppe suchen. Aber das positive Feedback wird immer größer sein. Gerade bei jungen Menschen spürt man einen Wandel. Sie gehen lieber in Läden, in denen regional und saisonal eingekauft wird und wo die Mitarbeiter zufrieden sind und fair bezahlt werden.
Aber sind sie auch bereit, dafür mehr zu zahlen?
Wenn man es kommuniziert, ist es den Gästen etwas wert. Das merken wir beim Thema Fleisch. Es gibt bis heute Betriebe, die nur Fleischgerichte auf der Karte haben. Aber wir wollen niemanden sagen: Verwendet kein Fleisch oder keine Avocado mehr! Wir möchten zu spannenden Alternativen anregen.
Wie reagieren die Gastronomen auf Ihren Vorstoß?
Die meisten waren begeistert und hatten Aha-Momente, viele wollen das angehen. Wenn die Leute Anleitung bekommen und ihre Kapazitäten nicht auf eine Recherche verwenden müssen, ist die Hemmschwelle nicht so groß. Gastronomie ist ein wertvoller Teil des Stadterlebens, aber wir übernehmen auch Verantwortung. Wir wollen Teil der Lösung sein.