Aus dem Takt geraten
Die Motto-Queen wusste noch, wie man sich standesgemäß durch Köln bewegt. »Weeßte wat, mer fahre mit d’r Stroßebahn noh Hus«, sang Marie-Luise Nikuta 1979 im »KVB-Lied«. Mittlerweile ist Nikutas geliebte KVB aus dem Takt geraten. Um die Jahreswende waren Verspätungen und Ausfälle so zahlreich, dass das Verkehrsunternehmen sie nicht mehr über die eigene Homepage kommunizierte.
Um weitere Ausfälle zu vermeiden, dünnt die KVB zukünftig ihren Stadtbahn-Fahrplan aus. Ab Anfang Februar sollen auf einigen Strecken Fahrten wegfallen, mit denen zu Stoßzeiten der reguläre Bahnverkehr entlastet wurde. Zum 1. März folgt dann der große Einschnitt. Ab 9 Uhr wird der Fahrplan auf vielen Strecken ausgedünnt. Am stärksten betroffen sind die Linien 5 und 18. Die Linie 5 halbiert ihren Fahrtakt und fährt dann nur noch alle 20 Minuten. Die Linie 18 fährt im Kölner Osten zukünftig nicht mehr bis nach Thielenbruch (bzw. Istanbul, wie es in einem anderen KVB-Song heißt), sondern nur noch bis Holweide; als Ersatz wird die Linie 13 verlängert. Ihren Takt ändert die Linie 18 auch: Zwischen Buchheim und Klettenberg verkehrt sie statt 5-minütig nur noch 10-minütig.
»Die Reduzierung des Taktes auf 50 Prozent ist zu drastisch«, sagt Markus Meurer, der beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Köln für den Öffentlichen Nahverkehr zuständig ist. So sei die Auslastung der Linie 18 in Richtung Sülz auch heute schon hoch.
Als Grund für die Fahrplankürzungen nennt die KVB einen unerwartet hohen Krankenstand. Unterlagen einer KVB-Aufsichtsratssitzung, die an die Öffentlichkeit gelangten, legen jedoch nahe, dass der Krankenstand schon seit Sommer 2022 erhöht ist. Hat die KVB zu spät gehandelt? Die Zukunftsperspektive ist jedenfalls vage. Eine Besserung sei erst nach Karneval zu erwarten, so KVB-Sprecher Matthias Pesch. Er ließ offen, wann die Änderungen zurückgenommen werden.
»Die KVB muss dafür sorgen, dass der bisher gewohnte Fahrplan so schnell wie möglich wieder eingehalten wird«, sagt Lars Wahlen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen. Land und Bund sollten dafür einen größeren »Personalpuffer« finanzieren. Die KVB will mit einer Kampagne zudem neues Personal gewinnen. Dies ist auch nötig, weil sie ihr Angebot in den nächsten Jahren ausbauen wird. In Richtung Bonn wird die Linie 17 realisiert, auch im Mülheimer Süden wird es eine neue Straßenbahnlinie geben. »Es fehlt an Wertschätzung für das KVB-Personal«, sagt dagegen Markus Meurer (VCD). Das Verkehrsunternehmen des Rhein-Erft-Kreises etwa habe keine Probleme, Arbeitskräfte zu finden. Die Arbeitsbedingungen bei der KVB hätten sich verschlechtert, so Maria Schu, verkehrspolitische Sprecherin der Linken. Es werde mittlerweile nach einem schlechteren Tarifvertrag als früher bezahlt. Maria Schu sieht in den Fahrplankürzungen einen Rückschlag für die Verkehrswende. Markus Meurer vom VCD sieht dies weniger dramatisch: »Für die Akzeptanz des ÖPNV ist Zuverlässigkeit wichtig. Wenn die Bahn seltener fährt, kann man sich besser darauf einstellen, als wenn sie ausfällt.«