Nicht nur für Skateboarder geeignet

Unwahrscheinlich selbstverständlich

H.G. Prager, »Doppelachse«

Sie war weg, dann war sie wieder da — restauriert —, und wer hat das eigentlich mitbekommen? Gute Frage. Das liegt durchaus in der paradoxalen Logik der Doppel-­Skulptur »Doppelachse«: Dass sie einem so selbstverständlich ist, so unaufdringlich wirkt, dass uns ihr Fehlen wie ihre Anwesenheit natürlich vorkommt.

Die »Doppelachse«, das sind zwei mal zwei tonnenschwere, kreisrunde Stahlscheiben, die jeweils über eine schmale Achse mit­einander verbunden sind. Man kann sich das gerne wie zwei Man­schettenknöpfe vorstellen, was auch ihren volks­tümlichen Kosenamen erklärt. Die Paare stehen links und rechts der Limburger Straße, kurz bevor diese auf die Venloer trifft. Dem Nicht-Ort Friesenplatz verleihen die an sich mächtigen Konstruktionen überhaupt erst Kontur und ein we­nig Struktur, machen ihn als öffent­lichen Platz kenntlich. Aber weil die Plastiken minimalistisch sind, weil es doch nur Stahlplatten sind, die einfach so im Raum zu stehen scheinen, nimmt man sie, wenn man aus dem Belgischen Viertel Richtung U-Bahn-Station hetzt, kaum wahr. Man muss schon mit Muße hinschauen, um zu begreifen, was das für eine Konstruktion ist.

Denn die Stahlplatten könnten für sich nicht eine Sekunde stehen, fie­len sofort um, mehr noch: Sie fallen ja bereits und werden allein durch die Achse, die beide Kreise verbindet, gegenseitig gehalten. Diese Platten müs­sen unglaublich viel wiegen, und doch liegen sie nur wenige Zentimeter auf dem Grund auf. Das ver­leiht ihnen etwas Spielerisches, fast schon Schwebendes. Eine unwahrscheinliche Konstruktion.

Der Kölner Stahlbildhauer Heinz-Günther »HG« Prager hat dieses Paar entworfen und gestaltet, es steht bereits seit 1986 auf dem Friesenplatz. Es symbolisiert das soziale Miteinander in der Stadt, das eigentlich gar nicht gelingen kann, weil die Gegensätze ihrer Bewohner zu groß sind, die Schieflagen über den Kipppunkt hinaus geraten sind, und das dennoch gelingt, weil die Menschen ihren städtischen Alltag trotz aller Erschöpfungen unwahrscheinlicherweise meistens so gestalten, dass sie sich nicht andauernd die Schädel einschlagen.

Das ganze Jahr 2020 über wurde die »Doppelachse« von Aufklebern, Schmutz und Graffiti gereinigt. Ausgerechnet im ersten harten Corona-Jahr war die versöh­­nende Skulptur nicht an ihrem Platz. Das ist ja auch irgendwie symbolisch.