Made in Ehrenfeld
Eine neapolitanische Pizzeria. Ein Bistro mit Wildkräuterküche. Cafés mit praktischem Kaffeefenster oder prächtigem Frühstück. Eine Naturwein-Stube mit ambitionierter Speisekarte und eine Restobar mit saisonalen Tapas. Um nur einige zu nennen. Nirgends in Köln eröffneten in den vergangenen Monaten gastronomische Betriebe in derart hoher Frequenz wie in Ehrenfeld. Vielfach, was ungewöhnlich ist, gar an Standorten, an denen zuvor keine Gastronomie war.
Dass die Branche im Veedel in Masse und Klasse einen solchen Boom erlebt, ist auf den ersten Blick überraschend. Obwohl etwa in Widdersdorf, Holweide oder Niehl die Gastro-Landschaft unverändert dünn besiedelt ist und sich kaum verändert, zieht es inhabergeführte Restaurants, Bars oder Cafés ausgerechnet dorthin, wo es an Konkurrenz nicht mangelt. Das Angebot in Ehrenfeld war schon vorher groß, vielfältig — und oft gar nicht mal schlecht. Ein paar Veedel weiter, meist Richtung Stadtgrenze, wäre man die innovativste Adresse am Platz. Stattdessen wird man einer unter vielen.
Dennoch gibt es gute Gründe für solche unternehmerischen Entscheidungen. Bei vielen Menschen, die von außerhalb nach Ehrenfeld kommen, verfängt das Label »Made in Ehrenfeld«. Für viele Menschen, die in Ehrenfeld leben, ist Gastronomie Distinktionsmerkmal. Die Clubs im Veedel sind weniger geworden. Ihr Publikum von einst konnte sich entweder keine Wohnung mehr leisten oder geht mittlerweile früher schlafen und ist gut situiert. Früher gab es Kettenfett, heute Schaumwein.
So nachvollziehbar die unternehmerischen Entscheidungen sind, so bedauernswert ist ein solcher Zentralismus für die gastronomische Entwicklung der Stadt. Ähnlich wie in der Kultur knubbeln sich die meisten Angebote in einem kleinen Bereich um die Innenstadt. Ganz so, als sänke das kulinarische Interesse, je näher die Stadtgrenze kommt. Beides ist falsch. Ideenreiche Küche findet überall ein Publikum — und überall in der Stadt haben Menschen ambitionierte Gastronomie verdient.