Der Star unter den Insekten: das Glühwürmchen, Foto: Bernd Thaller

Ist da noch der Wurm drin?

Eine Glühwürmchen-Zählstelle in Köln soll helfen, das Insektensterben zu lindern

Auf dem Glühwürmchen lastet viel Verantwortung. David Hörnes nennt es »eine Flaggschiff-Art«. »Das Glühwürmchen ist bekannt und beliebt«, sagt der Biologe, der im Umweltamt der Stadt Köln für Artenschutz zuständig ist. »Es steht aber für viele lichtsensible, nachtaktive Insekten, deren Lebensräume bedroht sind.« Hörnes arbeitet deshalb gewissermaßen mit Glühwürmchen zusammen: »Wir möchten die Themen Insektensterben und Lichtverschmutzung zusammenbringen — und das Glühwürmchen ist der Träger.«

Im vergangenen Jahr startete die Stadt Köln ein Projekt, mit dem man zunächst den Bestand der Leuchtkäfer ermitteln möchte. Auch dafür holte man sich Unterstützung: Kölnerinnen und Kölnern können auf einem Portal des Umweltamts melden, wann und wo sie Glühwürmchen gesehen haben. Citizen Science nennt sich die Methode, die vor allem bei Insekten angewendet wird. Knapp tausend Meldungen gingen im vergangenen Jahr beim Umweltamt ein. Glühwürmchen kann man vor allem während der Paarungszeit von Juni bis August gut entdecken, die Männchen veranstalten dann in der Dunkelheit ein spektakuläres Lichtspiel. »Wir wussten vorher selbst nicht, wie viele Tiere wir in Köln anfinden würden«, so Hörnes. »Von der Anzahl der Meldungen war ich positiv überrascht.« Die Tiere wurden vor allem in Grünzügen und Parkanlagen sowie in Gärten in deren Nähe gesichtet.

Indem sich viele Menschen mit dem Leben der Glühwürmchen in Köln beschäftigen, möchte die Stadt auf ein Problem aufmerksam machen, das — neben intensiver Landwirtschaft und der Zerstörung von Lebensräumen — die Hauptursache für das Insektensterben ist: die sogenannte Lichtverschmutzung, die dauerhafte Abwesenheit von Dunkelheit aufgrund von künstlichen Lichtquellen. Seit Jahren nimmt die Lichtverschmutzung in Deutschland zu, vor allem in Städten. »Man kann heute zum Beispiel solarbetriebene LED-Lampen die ganze Nacht leuchten lassen. Das klingt erst mal toll, sorgt in Summe aber dafür, dass wir eine sehr helle Nacht haben und Dunkelräume immer seltener werden«, sagt David Hörnes vom Umweltamt. Nachtaktive Insekten verlieren dadurch ihre Orientierung, Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung werden gestört.


Wir möchten Insek­ten­sterben und Licht­verschmutzung zusammen­bringen — und das Glühwürmchen ist der Träger
David Hörnes, Umweltamt der Stadt Köln

Eine Großstadt werde nie dunkel sein, erklärt Hörnes, zumal Licht für das Sicherheitsbedürfnis der Menschen eine wichtige Rolle spiele. Aber für nachtaktive Tiere brauche es auch in Zukunft Rückzugsorte. Die Stadt möchte für das Thema sensibilisieren, damit Menschen bedächtiger mit künstlichen Lichtquellen umzugehen, etwa bei Fassadenbeleuchtung. »Und wir möchten wissen, wo die dunklen Nischen, in denen sich das Glühwürmchen aufhält, sind, um diese Räume in Zukunft vielleicht vor zu viel Licht schützen zu können«, so Hörnes. Auch hier ist das Glühwürmchen ein Stellvertreter. Schützt man die Art vor Lichtverschmutzung, schützt man gleichzeitig alle nachtaktiven Insekten. Ohnehin könnte das Thema in den kommenden Jahren bedeutender werden: Vor zwei Jahren wurde im Bundesnaturschutzgesetz erstmals ein Paragraf zur Lichtverschmutzung aufgenommen. Noch sei das Gesetz nicht scharf gestellt, weil es an den dazugehörigen Verordnungen fehle. »Der Gesetzgeber wird sich aber künftig mehr mit der Beleuchtung von Parks, Straßen oder Fassaden beschäftigen«, glaubt Hörnes.

Darauf möchte man im Kölner Umweltamt nicht warten. »Private Gärten sind wichtige Trittsteine für Glühwürmchen«, sagt Biologe David Hörnes. Zwar werde man mit einem kleinen Garten das Insektensterben nicht verhindern, aber man könne doch etwas bewirken. Nicht nur indem man nachts seltener künstliche Lichtquellen nutzt, sondern auch mit strukturreichen, naturnahen Gärten oder Balkonen. Wenn man damit Glühwürmchen Lebensraum schafft, hat das zumindest für Nutzgärtner einen positiven Nebeneffekt: Die Larven der Leuchtkäfer ernähren sich vor allem von Schnecken.

Exkursion »Auf der Suche nach den Glühwürmchen«: Fr 23.6. & Sa 24.6., jeweils 22–23 Uhr,  Gut Leidenhausen, Anmeldung unter 02203 980 05 41 oder info@gut-leidenhausen.de