Nichts wie weg
Eben hat man noch über das verregnete Frühjahr geklagt, schon jammern alle über die Hitze. »Es gibt ja kein normales Wetter mehr heutzutage«, hört man die Leute sagen. Immer müsse es gleich so extrem sein. Ich mache an dieser Stelle ein Geständnis: Im Sommer fand ich es im Garten schon immer unerträglich, aber das habe ich mir lange nicht eingestehen wollen. Voller Vorfreude radelte ich stets in den Garten, dachte an die reifen Himbeeren und die kühlen Getränke im Solarkühlschrank, um mich, dort angekommen, schon nach wenigen Minuten in die dunkle Wohnung zurückzusehnen.
Die Sonne setzt mich komplett außer Gefecht. Klar, im Schatten geht’s irgendwie, aber davon gibt es im Schrebergarten nicht allzu viel. Die paar Meter, die die Gartenordnung den Bäumen an Höhe zugesteht, spenden gerade mal handtuchgroße Schattenfleckchen. Fasziniert registriere ich, wie die Hitze auf das Gemüse eine gänzlich andere Wirkung entfaltet. Die Zuckerschoten wachsen geradezu vor meinen Augen, der Salat ist eine Pracht. Aber natürlich wäre all das ohne mich schon längst verdorrt, das Gemüse ist komplett von mir abhängig, deshalb reiße ich mich zusammen, greife zur Gießkanne, eile damit von Beet zu Beet und rette mich rasch wieder unter den Sonnenschirm. Ich weiß nicht, wie andere das machen, die in der prallen Sonne stundenlang Gartenarbeit verrichten, zwischendurch ein Schluck aus der Bierflasche, als sei dies die entspannteste Tätigkeit auf der Welt. Mir ist das unerklärlich.
Gewiss, nötig wäre die Arbeit in unserem Garten auch. Das Unkraut am Weg müsste dringend entfernt werden, die Wiese gemäht und die Brombeeren gebändigt. Diese Natur scheint kein Maß mehr zu kennen! Ist dieses Wuchern nicht irgendwie, äh, — unnatürlich? Ich wende schnell den Blick ab und mache einen Spaziergang durch die Gartenanlage, immer schön an den hohen Hecken entlang. Die üppig blühenden Rosen kommen mir fast übertrieben vor. Schließlich erreiche ich Gärten, bei deren Anblick mein schlechtes Gewissen sofort nachlässt. Sie sind so verwildert, dass man die Häuschen darin nur noch erahnen kann. Aber diesen Gartenbesitzern kann man keinen Vorwurf machen. Wärmeres Klima lässt Pflanzen schneller wachsen, das kann jeder nachlesen, und noch dazu soll unsere CO2-geschwängerte Luft wie Dünger auf sie wirken. Abgesehen davon ist es für Gartenarbeit auch einfach zu heiß.