»Regionaler Fisch ist Teil der Lösung«
Herr Herpertz, die Dry-Aging-Methode kennt man vom Fleisch. Wie kamen Sie mit Ihrem Geschäftspartner Hendryk Mielke auf die Idee, heimischen Fisch so zu veredeln?
Ausschlaggebend ist unsere Wertschätzung dem Fisch und der Natur gegenüber. Regionaler Fisch ist Teil der Lösung: Wir sind überzeugt, dass Fisch aus Aquakultur eine Alternative zu Wildfang darstellen kann, vor allem, wenn die Zucht in der Region stattfindet. Der Verzehr von Fisch soll aber generell etwas Besonderes sein.
Und wie geht das?
Diese Wertschätzung beginnt bei einer verantwortungsbewussten Aufzucht und schließt handwerkliche Verarbeitung ein. Dry Aging ist Veredelung wie Konservierung und leistet einen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln. Fisch besteht nicht nur aus Filet, dem edelsten Stück. Wir möchten die Nose-to-Tail-Philosophie mit Scale-to-Tail auf Fisch übertragen, also möglichst viel vom Fisch zu kulinarischen Highlights veredeln, statt 50 Prozent wegzuwerfen.
Wie läuft die Trockenreifung ab?
Unsere Fische werden vor Ort in der Fischzucht Mohnen in Weisweiler frisch verarbeitet. Vom Wasser bis zum Reifeschrank dauert es weniger als zwei Stunden. Zuerst werden die Fische per Hand und ohne Wasser gereinigt. Das ist neben Frische und Fischqualität wichtigste Voraussetzung für erfolgreiches Reifen. Die Fische werden pur verarbeitet, anders als etwa beim Räuchern. Dry Aging dauert zwei bis 21 Tage in speziellen Reifeschränken — je nach Fischart, Größe, Fettgehalt. Der Fisch trocknet dort langsam, bei den Forellen sind das acht bis zehn Prozent Feuchtigkeitsverlust in sieben Tagen. Durch enzymatische Reifung werden langkettige Proteine aufgespalten, die Struktur des Bindegewebes verändert sich, sodass sich Umami-Aromen entwickeln. Unsere fünf Reifeschränke sind kleine Diven, die per Wifi-Thermometer kontrolliert werden. Wir haben viel experimentiert, denn je höher die Feuchtigkeit, desto langsamer trocknet der Fisch.
Wer sind die Abnehmer Ihrer Dry-Aged-Fische?
Meist verkaufen wir ganze Fische an Privatkunden und gehobene Gastronomie. Beim ganzen und damit teureren Fisch ist der Anreiz höher, alles zu nutzen. Die Karkassen werden ausgekratzt, um Tatar zu machen oder Fischfonds anzusetzen. Wir entfernen die Schuppen mit der japanischen Sukibiki-Schneidetechnik, ohne das Fleisch zu beschädigen. Die dünnen Hautstreifen gehen, ebenso wie Herz und Leber, an das Sterne-Restaurant Neobiota. Dort ist gepuffte Fischhaut interessanter Bestandteil des Menüs. Die Karkassen werden über dem Grill weiter getrocknet und zu Dashi verarbeitet. Außerdem wird Räuchersauce aus unseren Häuten gemacht, das wurde vorher aus Aal gemacht und ist nun viel nachhaltiger, weil unser Fisch ein regionales Produkt ist. Aktuell wird mit den Schwimmblasen von Stör und Forelle experimentiert. Das Weinlokal Frohnatur etwa verarbeitet Herz und Leber unserer Fische zu einer Terrine und experimentiert mit weiteren Produkten aus unseren Fischen.
Beim »EcoHopping«-Festival im Juni konnte man auch Garum von Ihnen kennenlernen.
Die Herstellung ist mein Steckenpferd. Die schon bei den Römern bekannte Würzsoße, auf fermentiertem Fisch oder Fischextrakten basierend, ist mit asiatischen Fischsoßen vergleichbar und wie Sojasoße oder Maggi einsetzbar, weil sie voller Umami-Aromen ist. Es wäre es ein riesiger Fortschritt, wenn Garum mit regionalem Fisch hergestellt und beispielsweise in asiatischen Restaurants Verwendung finden könnte, anstatt Fischsoßen aus Thailand oder Vietnam um die halbe Welt zu transportieren.
Und warum heißt Ihr Unternehmen La Goonery?
Wir fanden die Assoziation mit Lagune, Meer und Blau gut. Vor allem hat es für uns intern eine Bedeutung, die uns daran erinnert, warum wir das machen und wohin wir wollen. Mit dem Namen und dem Bild der Lagune vergessen wir das nicht.
Weitere Infos auf lagoonery.de