Vom Feeling her ein gutes Gefühl
»Wenn man im Herzen arm ist und ohne Zärtlichkeit, das hieße Einsamkeit«, sang Alexandra in den 60ern — und diesen Sinnspruch könnten sich auch die vier Jungs der Kölner Band Die Zärtlichkeit auf die Flagge schreiben. Auch wenn ihr Metier nicht der anspruchsvolle deutsche Schlager ist. Obwohl: Ein bisschen Schlager schwingt in ihren Texten mit, die allesamt von Gefühlen handeln, meistens abstrakt formuliert, manchmal auch ganz direkt: »Es war ein kurzer Weg vom Abgrund in mein Herz« heißt es in dem ohrwurmigen Song »Ein kurzer Weg«, bei dem Sänger Andreas Fischer nicht mit Pathos geizt.
Trotz deutscher Texte hat sich Die Zärtlichkeit eigentlich einem ganz anderen Genre gewidmet, nämlich dem britischen Gitarrenpop der 80er-Jahre, der damals noch als Jangle-, Twee- oder auch C86-Pop bezeichnet wurde. Als Vorbilder nennt Andreas Bands wie Aztec Camera, Prefab Sprout und Orange Juice. Zudem — nicht zu überhören — seien er und seine musikalischen Mitstreiter schon lange ziemlich große Fans von The Smiths.
»Ich würde behaupten, dass wir kleine Musik-Nerds sind und dabei irgendwie in ein rabbit hole gefallen sind«, erklärt Andreas und ergänzt, dass er den Sound seiner Band aber nicht als reine Hommage verstanden wissen möchte: »Es ist vielmehr der Versuch die Elemente der ganzen tollen Jangle-Bands in die deutsche Poplandschaft von heute zu überführen.«
Vom Bandnamen bis hin zur eher weichen, introvertierten Anmutung der Musik: Man könnte vermuten, dass hinter der ästhetischen Haltung auch eine gesellschaftspolitische Motivation steht — so wie es die Band Jetzt! einst formulierte: »Nieder mit dem Umständen! Es lebe die Zärtlichkeit!«
Für Gitarrist Tobias Emmerich, der für viele der Texte verantwortlich zeichnet, entspringen die Songs jedoch »in erster Linie der Auseinandersetzung mit sehr persönlichen und realen Themen und Problemen aus unserem Leben. Für mich ist unsere Musik mehr Konfrontation mit sich selbst als eine bewusste Reaktion auf gesellschaftspolitische Themen.« Wie dem auch sei — Die Zärtlichkeit bieten auf ihrem Debüt-Album »Heimweh Meisterwerke« einen wunderbar anachronistischen Gegenentwurf zur derzeit gängigen deutschsprachigen Popästhetik zwischen Autotune-Trap und Neo-NDW.
Das Album »Heimweh Meisterwerke« ist bereits bei Tapete Records/Indigo erschienen.