Kreaturen der Nacht
Rauf auf’s Fahrrad — und los zum Studio Trafique. Hier beginnt am 2.10. um 20 Uhr die Guided Tour mit »Penthesilea — Battle of the Sexes« über Gender-Debatten und Utopien (frei nach dem antiken Mythos). Nur dass die Eigenproduktion des noch jungen Hauses die Schwerter des Kleist’schen Schlachtfeldes durch die scharfen Klingen identitärer Kämpfe ersetzt hat. Eine Stunde später dann ein Spaziergang durch das Audioarchiv des Kollektivs *POLARPUBLIK in der Alten Feuerwache, das von Umbrüchen, mutigen Geschichten und den Protesten in Belarus erzählt. Weiter geht es, ein paar Straßen nebenan im Horizont Theater, mit »White Power Barbies«, einem Stück über rechtsextreme Frauen. Mit Impro-Comedy-Theater lockern die vier Bühnenkünstler*innen von Gude Leude anschließend im Senftöpfchen die Stimmung auf, und, Schlag Mitternacht, erzählt »Meisterköch« im Hänneschen Puppenspieltheater von einem größenwahnsinnigen Immobilienbesitzer.
So oder so ähnlich könnte ein Besuch der 21. Kölner TheaterNacht aussehen, wenn man es straff durchzieht und sich entlang einer Guided Tour durch den Abend und sein vielfältiges Programm schlängelt. Oder man stellt das Programm nach eigener Lust und Laune zusammen, bucht ein Starterticket für eine 20-Uhr-Vorstellung, die man besuchen möchte, und kann damit auch alle folgenden Veranstaltungen in der Stadt besuchen.
Als die Kölner Theaternacht 2001 zum ersten Mal stattfand, war die Idee ein absolutes Novum. Nirgends sonst gab es ein vergleichbares Programm, erdacht von Joe Knipp, dem früheren Leiter des Theaters am Sachsenring: Eine ganze Nacht, in der Theaterhäuser und freie Gruppen ihre Türen öffnen — und dem Publikum nicht nur den Blick auf die Bühne, sondern auch hinter die Kulissen frei geben. Seit 2022 sind in dem Programm, das so vielfältig und gut ist, dass eine Auswahl wirklich schwer fällt, auch Performance, Tanz und zeitgenössischer Zirkus hinzu gekommen.
Unsere Empfehlungen in diesem Jahr: »Letzte Chance« im KKT in Ehrenfeld, für Menschen ab zwölf Jahren, das die Geschichte von drei jungen Menschen erzählt, wie sie mit verschiedenen Mitteln gegen die Klimakrise kämpfen. Und: »The Feral Woman« der australischen Tänzerin Jemima Rose Dean, bis vor kurzem noch Ensemblemitglied in Richard Siegals Ballet of Difference, die in ihrem Solo im Theater im Bauturm nach den Schnittstellen von Feminismus und Klimaaktivismus sucht.
Programm unter theaternacht.de