Gemeinsam feiert man besser
Den Grundstein für ihre Arbeit hat die momentan zehnköpfige »krakelee«-Gruppe vor mehr als drei Jahren gelegt: Die Mitglieder mit Erfahrungen in Kollektiven hatten bereits viele nicht-kommerzielle Partys, aber auch politische Veranstaltungen durchgeführt. So bildete sich allmählich der Wunsch heraus, das anstrengende Veranstaltungswesen zu professionalisieren. Doch wie kann man den Geist und die Atmosphäre solcher freien Events an einen festen Veranstaltungsort transportieren? In Berlin und Hamburg gibt es bereits einige Beispiele für Clubs, die von Kollektiven geführt werden. Dort gelingt es, diese besondere Feier-Atmosphäre zu leben.
Dass auch in Köln Bedarf an einem solchen Raum besteht, wurde durch viele Gespräche und Rückmeldungen aus dem eigenen Umfeld bald klar. Es braucht einen Club, der mehr ist als nur Veranstaltungsmaschinerie. Wo der Fokus auf dem Einbringen vieler und dem gemeinsamen Kreieren aller zusammen liegt. Wo Menschen nicht nur Kulturprogramm konsumieren, sondern das Zwischenmenschliche im Vordergrund steht.
So will krakelee nicht nur »Club« werden, sondern ein besonderer Ort für Initiativen, Projekte und Ideen sein, die an kommerziellen Orten eher schwer Platz finden. Dem Kollektiv-Gedanken entsprechend soll Kölns Kulturlandschaft um einen Raum ergänzt werden, bei dem die Gesamterfahrung im Mittelpunkt steht, und wirklich alle Gäste eine Rolle spielen. Statt anonym zu feiern, will krakelee einen Ort zum Wohlfühlen entstehen lassen. Das beginne bereits an der Tür, an der sich alle abgeholt fühlen sollen, heißt es. Statt der sonst oft grimmigen Männerdomäne, kann hier bereits Diversität gezeigt werden und in einem offenen Gespräch mit potenziellen Besucher*innen der Weg für ein achtsames Feiern geebnet werden. Dazu gehören auch Punkte wie Awareness-Konzepte, damit Menschen auch in dunklen Räumen vor Übergriffen geschützt bleiben. Barrierearmut wird ebenfalls bedacht, um den Ort möglichst auch für Menschen mit Behinderung erlebbar zu machen.
Vor der Umsetzung musste zunächst allerdings eine Form gefunden werden. Man legte sich zunächst auf eine »soziokratische Arbeitsstruktur« fest, bei der alle Beteiligten gemeinsam entscheiden, und dann schließlich auf die Genossenschaft, die im Juni 2022 gegründet wurde. Auch wenn es unterschiedliche Arbeitsgruppen und Verantwortungsbereiche gibt, soll es keine klaren Gesichter geben, die das Projekt repräsentieren. Es soll nicht an einzelnen Personen hängen, das gehört für krakelee zur Arbeit im Kollektiv dazu.
Als Kollektivbetrieb definiert man sich über ein Leitbild, das der genossenschaftlichen Satzung beiliegt und über die Motive des Kollektivs informiert. Diesem müssen alle Mitglieder vor ihrem Beitritt zustimmen.
Der gewählte Name gibt dabei bereits einen Teil des Programms wieder: »Krakelee« ist ein Fachterminus aus dem Französischen, der die feinen Risse beschreibt, die sich netzartig über alte Gemälde ziehen. Ähnlich sieht sich das Kollektiv mit seiner Vision eines Clubs in Köln, der sowohl Ort zum Tanzen als auch zur Vernetzung werden soll.
krakelee will nicht nur »Club« werden, sondern ein besonderer Ort für Initiativen, Projekte und Ideen sein
»krakelee« kann und will aber auch doppeldeutig interpretiert werden: ein solcher Ort schafft nämlich bewusst Risse im etablierten Kulturbegriff. Dessen veraltete Definition, wonach Clubs nicht als ernst zu nehmende Kulturräume anerkannt werden, erweist sich bei der Neugründung als eine der größten Hürden. So ist man bei der Immobiliensuche, die sich so schon schwierig genug gestalten würde, auf die aktive Unterstützung von potenziellen Vor- oder Vermieter*innen angewiesen. Diesen mangelt es aber oft an einem eigenen Zugang zur Clubkultur. Stattdessen herrscht dort immer noch die Auffassung von Clubs als Orte für laute Partys ohne kulturellen Mehrwert. Denn dem Gesetzgeber nach sind Clubs immer noch Vergnügungs- und nicht Kulturstätten.
Das soll sich zwar laut Koalitionsvertrag ändern, stellt die Club-Betreiber*innen in spe jedoch vor Herausforderungen, nicht zuletzt beim Baurecht. Denn eine einfache Lagerhalle zu vermieten wird für Eigentümer*innen immer leichter sein, als sich auf ein gewagtes Club-Konzept einzulassen, für das zunächst Bauanträge gestellt werden müssen, auf die dann monatelange Umbau-Arbeiten folgen. So scheiterten schon mehrere fortgeschrittene Verhandlungen von krakelee über vielversprechende Objekte, etwa in Ehrenfeld oder Zollstock, letztendlich an diesen Hindernissen.
Auch bei der Finanzierung haben es neue Club-Projekte nicht leicht. Gaben Banken schon vor der Corona-Krise ungern Kredite für solche als risikoreich eingestufte Unterfangen, gibt es nun nicht mal sogenannte Förderkredite oder Anleihen von genossenschaftlichen Banken. Als Kollektiv ohne große private Sicherheiten im Rücken ist krakelee also auf Crowdfunding angewiesen. Mitglieder können entweder direkt Darlehen geben oder Anteile für jeweils 250 Euro kaufen. Doch sind viele potenzielle Geldgeber*innen erst dann dazu bereit, wenn auch die Location schon feststeht.
Davon will man sich nicht entmutigen lassen. Die kürzlich im Kölner Stadtentwicklungsausschuss getroffene Entscheidung, den Schutzraum für Kultur um das Gebiet der Alten Post am Ehrenfeldgürtel zu erweitern, macht Hoffnung: Folgerichtig wäre, wenn hier nun Raum für kreativwirtschaftliche und kulturelle Nutzung geschaffen würde. Außerdem hat die Stadt Köln eine neue Stabsstelle »Kulturraummanagement« eingeführt, die bei der Entwicklung und Förderung von Kulturräumen helfen soll. Und auch vom Interessenverband Klubkomm sowie bereits bestehenden Clubs erfährt das Kollektiv viel Unterstützung. Trotz der schwierigen Bedingungen geht die Suche also weiter. Mit gemeinsamer Anstrengung ist dem Clubsterben vielleicht ja doch noch etwas entgegenzusetzen.
Party (geplant)
25.11., YUCA
mit Möglichkeit, das Kollektiv persönlich kennenzulernen
Menschen, die einen Ort kennen, der in Frage kommen könnte oder selbst Genoss*innen werden wollen, können sich direkt bei krakelee melden