Wege aus dem Ruhm …
Es ist immer reizvoll zu beobachten, wie Menschen, die überraschend und ungeplant zu weltweitem Ruhm gelangten und die eigentlich etwas ganz anderes vorhatten, mit diesem, nun ja, Dilemma umgehen. »Would I Lie To You?« war vor 31 Jahren ein Soul-Welthit und leitete die R’n’B-Epoche ein. Es war zugleich die Debüt-Single des kurzlebigen Duos Charles & Eddie. Natürlich wollten Charles Pettigrew und Eddie Chacon erfolgreich sein. Aber dass sie dann gleich mit ihrem ersten Song Musikgeschichte schreiben?
2023 ist Eddie Chacon einer der Stars des diesjährigen Week-End Fest, am 3. November wird er im Stadtgarten den zweiten Festivalabend eröffnen. Das Klickverhältnis zwischen seinen aktuellen Produktionen und »Would I Lie To You?« liegt auf Youtube bei 1:300. Aber Chacon ist das egal. Er hat seinen Stil gefunden, einen ganz eigenen Soul: schwebend, losgelöst vom Zeitgeist, gekleidet in luftige, jazzige Arrangements. Seine Stimme kriegt er nicht mehr ganz so hoch gezwirbelt wie damals, aber sie klingt gereifter, voller, und er weiß damit, Geschichten zu erzählen. So also kann man mit ungebetenem Ruhm umgehen — einfach sein Ding weiter machen und sich dem Leben stellen.
Das diesjährige Week-End Fest verfolgt programmatisch die Spuren, die es schon in den vergangenen Jahren hinterlassen hat: aus ihren stilistischen und historischen Ecken wachsen Soul, HipHop, Jazz, experimentelle Musik und Tropicalia zu einem Festival-Sound zusammen, der nicht nur in Köln einmalig ist. Dieses Jahr ist alles etwas konzentrierter, kompakter. Dafür steht die belgische Improvisatorin Farida Amadou, die mit ihrem E-Bass das Festival eröffnen wird, und die aus dem minimalistischen Setting ein Maximum an Impact herausholt. Dafür steht aber auch der Londoner Saxofonist Alabaster de Plume, der zwischen Spiritual Jazz und Beat Poetry so etwas wie der idealtypische Musiker der produktiven Szene der englischen Haupstadt geworden ist. Oder Nabihah Iqbal, die R’n’B und TripHop Richtung Dream Pop weiterdenkt und damit elegant zusammenbringt, was in diesen Genres in den vergangenen zehn Jahren wichtig war.
Zusammenbringen, verschmelzen, aber auch Kontraste ausstellen, in die musikalische Konfrontation gehen — darum geht es beim Week-End.