Dub bei der Art Cologne
In einer Zeit, in der trotz ausgeprägter und geforderter Selbstdarstellungskompetenz sogar von seinen schillerndsten Persönlichkeiten Demut verlangt wird, können und konnten sich nur die allerwenigsten einen Facebook-Post wie den folgenden leisten: »GOD WAS VERY WISE TO CREATE ME, AND THE WORLD IS WISE ENOUGH TO WATCH OUT FOR ME!!!« Der liebe Gott, der schlau genug war, um 1936 der Welt seinen Sproß Lee Scratch Perry zu schenken, nahm leider vor zwei Jahren die Ikone des Dub-Reggaes wieder zu sich. In den 85 Jahren vorher hatte der chimärenhafte Produzent nicht nur Reggae erfunden und neue Aufnahmetechniken entwickelt — das bereits Ende der 60er —, sondern auch ein buntes, allegorisches visuelles Werk geschaffen.
Davon wussten die wenigsten: Dass es zum geckenhaften, schrillen Paradiesvogel-Auftritt des Dub-Pioniers auch eine distinkte künstlerische Ebene gab, war lange keine Beachtung geschenkt worden. Vor allen Dingen in den pan-afrikanischen Farben Grün, Schwarz, Gelb und Rot, versuchte Perry die Welt aus seiner Perspektive zu erklären: tribalistisch, über die Ränder hinaustretend, expressiv, bisweilen auch politisch auf dem Holzweg. Die Exponate, die in einer gemeinsamen Koje der Kölner Galerie JUBG und Lorenzo Benet von suns.works aus Zürich bei der diesjährigen Art Cologne ausgestellt werden, sind größtenteils am Zürisee entstanden. Anfang der 80er Jahre kehrte Perry Jamaika den Rücken und zog erst nach London und später in die Schweiz, wo er viele Jahre mit seiner zweiten Frau Mireille Campbell lebte.
Die Art Cologne zeigte sich bereits im Vorfeld als stolze Plattform für diese erstmalige Präsentation des Perry’schen Werks und warb mit ihr im Newsletter für den kürzlich eingeführten Bereich der »Collaborations«. Die Galerie JUBG ist indes prädestiniert Lee Scratch Perrys Werk ins rechte Licht zu rücken, haben sich Jens-Uwe Beyer und Alexander Warhus doch spezialisiert auf Bildende Künstler*innen mit Musikkontakt — und vice versa. Neben ikonischen Figuren wie Peter Brötzmann, Wolfgang Voigt oder das visuell-auditiv-installativ arbeitende Duo Phantom Kino Ballett passt Lee Scratch Perry formidabel in das Raster. Bei der Art Cologne kombinieren sie die Kunstwerke des Jamaikaners Perry mit jenen des Münchner Künstlers Andy Hope 1930 — bürgerlich Andreas Hofer. Neben Leinwandarbeiten wird dann eine große Time-Tube-Installation zu sehen sein.