Falsche Tricks für die Mächtigen
Der kleine Jean Eugène hatte ein ganz ungewöhnliches Talent für Mechanik. Das bemerkte sein Vater, ein angesehener Uhrmacher in Paris, schon früh. Über das Innere einer komplizierten Taschenuhr gebeugt, fand Jean Eugène die fragilen Stellen der Zahnräder schnell und mit chirurgisch sicherer Hand. Dass dieser Junge später mit seinen zauberhaften Konstruktionen berühmt werden würde, ahnte damals noch niemand — und tatsächlich: Rund zwanzig Jahre sollte es noch dauern, biss Jean Eugène Robert-Houdin sein erstes Patent anmeldete. Ein »Réveil briquet«, »ein Weckerfeuerzeug«, das Alarm schlug und dabei eine Kerze anzünden konnte.
Die Magie, die diese Maschinen ausstrahlten, begeisterte Robert-Houdin — für ihn war das echte Zauberei! So echt sie eben sein konnte! Bereits in der Antike hatten Tempelpriester ihr physikalisches Wissen genutzt, um steinerne Tempeltüren wie von Geisterhand zu öffnen, und dem einfachen Volk ihre Überlegenheit zu demonstrieren. Warum sollte diese Faszination nicht in Paris möglich sein? 1845 gab Robert-Houdin seine erste magische Bühnenshow, nur drei Jahre später wurde er bei einer Tournee durch England gebeten, für Königin Victoria und ihre Familie zu spielen. Der »ätherische Knabe« (ein Vorläufer der »Schwebenden Jungfrau«) war sein selbsterfundener Klassiker. Auch der Zauberstab, wie wir ihn heute kennen, geht auf ihn zurück.
1856 reiste Robert-Houdin im Auftrag der französischen Regierung nach Algerien. Er berichtete darüber in seinen Memoiren, seine Mission: Mit seinen Zauberstücken sollte die angebliche Überlegenheit der französischen Kolonialmacht demonstriert werden, um eine Rebellion der lokalen Magier, den Marabouts, zu verhindern. Und was tat der Falschspieler? Er schoss mit Gewehren auf eine Mauer, die zu bluten begann, und ließ die Marabouts vergeblich versuchen, einen kleinen Kasten anzuheben — was einem französischen Mädchen hingegen mühelos gelang, da ein versteckter Elektromagnet inzwischen abgeschaltet worden war. »Der Aufstand war im Keim erstickt«, schrieb Robert-Houdin mit selbstgefälliger Feder.